Kunst mit Kirsch-Aroma

■ In der Kunsthalle BHV: Kirschners „Eßbare Gedichte und Zeichnungen“

Ein Unterhemd, darauf ein gemaltes Herz, genauer: der Herzmuskel. Eine von 187 schlichten Konturenzeichnungen, auf postkartengroßen Flächen aus Eßpapier – Geschmacksnote: Kirsch oder Orange. Einen großen Flickenteppich solcher und anderer verspielter Miniaturen hat Manfred Kirschner in der Kunsthalle Bremerhaven ausgebreitet.

Kirschner, Jahrgang 1967, lebt seit neun Jahren in einem Bauwagen auf dem Land in der unmittelbaren Umgebung Bremens. 1994/95 hat er als Meisterschüler bei Rolf Thiele an der HfK Bremen abgeschlossen. Sein „Spielfimmel“ (Kirschner) zieht ihn seit Jahren zur Collage: In kleinformatigen Photoalben („Billy und seine Freunde“ / „Von Katzen, Bären und Bonzen“) baut er Trivialmythen und Figuren zu eigenen Geschichten zusammen.

So entsteht ein Puzzle, das sich jeder Betrachter selbst und immer wieder anders zusammenlegen muß. Die Installation in der Kunsthalle liest sich wie ein aufgeschlagenes Lese- und Bilderbuch, in dem Nonsens, Skurriles, Ironisches und Poetisches unvermittelt nebeneinander liegen. Kirschner sagt, er habe mit seinem Material – Kartoffelstärke – auf das „Selbstverzehrende“ der künstlerischen Arbeit hinweisen wollen.

Ist Kirschners Kunstgarten ein Märchenreich, zu dem der Zutritt für andere Betrachter verboten ist? Noch wirkt seine in Bremerhavens Kunsthalle ausgestellte Produktpalette wie das unsichere Vortasten in den vielfältigen Landschaften der Kunst. Es ist ein Tasten, aus dem sich ein eigener Weg herausschält – ein Weg mit einem assoziativen Strom von handgeschriebenen Wörtern und kleinsten Erzählfragmenten, für Manfred Kirschner nicht weniger wichtig als seine Zeichnungen.

Das eßbare Wandbild ist Kirschners Liebesgruß an ein unbekanntes Publikum, das sich die Zunge lecken soll vor den bonbonfarbenen Oblaten mit dem Kirsch(ner)-Aroma. Hans Happel

Kunsthalle Bremerhaven, Karlsburg 4, noch bis 16. Juni