Weil die Afrikaner so gern Weißwürstl essen

■ Das CSU-geführte Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit denkt an eine Wiederaufnahme der 1993 gesperrten Entwicklungshilfe für Togo

Augsburg (taz) – Vor ein paar Jahren gab es in Lomé, der Hauptstadt von Togo, noch das Restaurant „Alt-München“. Dort wurden bayerische Weißwürste kredenzt und bayerisches Bier aus der togoischen Brauerei der Rosenheimer Gebrüder März AG. Damals hieß der bayerische Ministerpräsident noch Franz Josef Strauß und pflegte beste Beziehungen einerseits mit dem Fleisch- und Bier- Mogul Josef März und andererseits mit dem togoischen Diktator Gnassingbé Eyadéma.

Franz Josef Strauß ist lange tot, die Gebrüder März AG so gut wie, und das Restaurant „Alt-München“ und die Brauerei in Togo sind längst Vergangenheit, so wie die guten Kontakte Eyadémas zur süddeutschen Politszene. 1993 wurde die deutsche Entwicklungszusammenarbeit mit Togo eingestellt – Ergebnis der fortgesetzten Störarbeiten Eyadémas und der von ihm kontrollierten Armee gegen den Demokratisierungsprozeß, den die zivile Opposition ihm in den Jahren zuvor aufgezwungen hatte. Zwar amtiert seit 1994 mit Edem Kodjo wieder ein aus der Opposition stammender Premierminister in Togo – doch immer noch ist wirkliche Oppositionsarbeit nur vom Exil aus möglich, sagen Vertreter der „Vereinigung der Veränderungskräfte“ (UFC).

„Die Situation verschlechtert sich ständig. Pressefreiheit gibt es nicht, Oppositionelle werden auf offener Straße erschossen“, sagt der Vizepräsident der UFC-Jugendorganisation JFC, Philippe Kossivi Dossou, der in Augsburg in einem Asylsammellager lebt. Dossou wurde in Togo von Soldaten überfallen und schwer verletzt. Sogar seine alte Mutter wurde mißhandelt, bevor sie ihrem Sohn nach Deutschland folgen konnte. Noch schlimmer erging es dem 24jährigen Automechaniker und UFC- Aktivisten Paul Atipou Kodjo. Er war 1992 nach einem Überfall von Soldaten nach Ghana geflohen. Als er 1994 zurückkehren wollte, wurde er an der Grenze verhaftet. „Die Soldaten wollten mich zwingen, ein Geständnis zu unterschreiben, daß ich ein Terrorist bin“, berichtet Atipou. „Als ich das ablehnte, wurde ich gefoltert, ich wurde gezwungen, meinen eigenen Urin zu trinken. Sie prügelten mich stundenlang und ließen mich nackt drei Tage in der prallen Sonne liegen.“ Schließlich gelang ihm die Flucht nach Deutschland.

Deutscher Diplomat wurde auf der Straße erschossen

Die deutsche Regierung muß sich erneut mit den Zuständen in Togo befassen, nachdem dort am 27. März der deutsche Diplomat Thomas Rupprecht bei einer Straßenkontrolle erschossen wurde. In den Monaten zuvor hatte sich Togos regierungstreue Presse über Deutschland aufgeregt, weil eine Delegation der deutschen „Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit“ (GTZ) bei einem Togo-Besuch Ende 1995 stark negative Eindrücke gewonnen und publik gemacht hatte. So schäumte die Zeitung Le Patriote, der deutsche Botschafter sei ein alter Nazi, der armen Negern seine Demokratieregeln aufzwingen wolle.

Präsident Eyadéma versprach zwar auf Intervention von Außenminister Klaus Kinkel, das Attentat auf Rupprecht aufzuklären – aber im Auswärtigen Amt heißt es, bislang warte man vergeblich. „Eine Wiederaufnahme der Entwicklungszusammenarbeit wird von einer eindeutigen Verbesserung der politischen Voraussetzungen in Togo, also Menschenrechtsschutz und Rechtsstaatsgarantien, abhängig gemacht“, erklärt eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes.

Etwas anders scheint man das im CSU-geführten BMZ zu sehen. Ministeriumssprecher Leo Kreuz bestätigte auf Anfrage, daß trotz des Anschlags die Togohilfe zum Teil wiederaufgenommen werden soll. Nicht im vollen Umfang – schließlich waren 1993, zum Zeitpunkt der Suspendierung, 1,5 Milliarden Mark zugesagt. Vier konkrete Projekte sollen wieder unterstützt werden, unter anderem ein Krankenhaus in Lomé, ein Projekt „Ländliche Entwicklung in der Zentralregion“ und Handwerkerförderung. „Wir fangen vorsichtig wieder an“, denn es gebe, so der Ministeriumssprecher, Tendenzen der Regierung Kodjo, „daß sich vielleicht doch eine gewisse Liberalisierung andeuten könnte“. Die Förderprojekte kämen schließlich der Bevölkerung zugute.

Dem widerspricht JVC-Vizepräsident Dossou. „Deutschland sollte jetzt keinesfalls irgendwelche Projekte in Togo unterstützen“, sagt er. „Erst wenn tatsächlich die Menschenrechte beachtet und demokratische Strukturen geschaffen werden, darf wieder Geld fließen.“ Klaus Wittmann