„Nie selbständig gehandelt“
■ „Landshut“-Prozeß: Co-Pilot Vietor entlastet die Angeklagte
Obwohl er sich über „eine lebenslange Freiheitsstrafe“ für Souhaila Andrawes „freuen“ würde, hat Jürgen Vietor die Angeklagte indirekt entlastet. Der ehemalige Co-Pilot der 1977 von dem PalästinenserInnen-Kommando „Matyr Halimeh“ gekaperten Boeing „Landshut“ hat vor dem Hamburger Oberlandesgericht in den beiden vergangenen Tagen bestätigt, daß der Anführer des Kommandos, Zohair Akascha, den Piloten Jürgen Schuhmann ohne Mitwirkung der Beschuldigten exekutiert habe. Die Staatsanwalt hatte die heute 43jährige Palästinenserin, die als einzige LuftpiratIn die Erstürmung der Maschine in Mogadischu überlebt hatte, unter anderem wegen „gemeinschaftlichen Mordes“ angeklagt. Vietor bestätigte gestern vor der Staatsschutzkammer des Gerichts zudem die von Andrawes zuvor geschilderten hierarchischen Strukturen innerhalb des Highjacker-Kommandos. „Alle Anweisungen kamen von Akascha“, betonte der Co-Pilot, die anderen GeiselnehmerInnen hätten „nie selbständig gehandelt. Der Angeklagten warf Schuhmann allerdings vor, die Passagiere „mit Alkohol übergossen“ zu haben, um sie im Konfliktfall zu verbrennen.
In einem wesentlichen Entführungs-Detail widersprach Vietor zudem den Schilderungen der Beschuldigten: Die Handgranaten der EntführerInnen seien durchgängig entsichert gewesen. Deshalb habe er nie mit dem Gedanken gespielt, die LuftpiratInnen anzugreifen, obwohl er öfters eine Pistole in seiner Reichweite gehabt hätte. Andrawes hingegen hatte bei ihrer Vernehmung angegeben, daß sämtliche Waffen stets gesichert gewesen seien.
Bei der Angeklagten zeigen sich unterdessen immer mehr die Spuren der Haft und des Prozesses. Sichtlich abgemagert und erschöpft hat Andrawes zunehmend Schwierigkeiten, sich auf den Ablauf der Verhandlung zu konzentrieren. „Es geht ihr sehr schlecht“ bestätigt Anwalt Hajo Wandschneider: „Im Verlauf des Verfahrens werden die ganzen Ereignisse noch einmal durchlebt, und das nimmt Souhaila Andrawes sehr mit“. Elke Spanner
