■ Vorschlag
: Die Sterne sausen heute durchs Loft

Geradezu inflationär ist das in letzter Zeit: Immer wieder neue, gute und wichtige deutsche Bands machen immer wieder neue, gute und wichtige Musik. Die Sterne aus Hamburg wären dabei fast auf der Strecke geblieben: Zwei Alben, anerkennende Kritiken und ein Radiohit (“Universal Tellerwäscher“) reichten nicht, um die Bedeutung von Blumfeld oder den Teenidol-Status von Tocotronic zu erlangen; und reichten auch nicht zur Überwindung der Ignoranz, einfach eine Band mehr aus Hamburg in ihnen zu sehen.

Mit „Posen“, ihrem dritten Album, ist den Sternen jedoch vor kurzem ein wirklich großartiger Popentwurf gelungen; ein Album, auf dem sie kübelweise Melodien ausschütten und ihren ehedem etwas klapprigen Funkbeat gegen einen sehr tanzbaren Groove ausgetauscht haben. Aber nicht nur das: Einmal mehr beweisen die Sterne besser als andere, daß Popmusik nicht nur der Unterhaltung dient, sondern auch das Forum für Wut, Sehnsüchte und jede Art von Lebensmodell abgibt. Ihre Texte stecken voller politischer und privater Befindlichkeiten, die insbesondere diejenigen kennen, die „deren Spiel“ – das der Autoritäten, des Systems – nicht mitmachen wollen, nicht mitmachen können. Gleichermaßen rebellisch wie ironisch-distanziert sangen sie vor Jahren „Fickt das System“, wohlwissend um die Provokation und Stärke dieser Formel einerseits, ihrer Beliebigkeit und Leere andererseits (hieß es doch: „Kein Pathos, keine Parolen, keine blöden wie: Fickt das System!“).

Auf „Posen“ nun scheinen die Sterne sich noch weiter zu verstricken in die Widersprüche, mit denen man sich herumschlägt, wenn man zwischen Mitmachen und individueller Verweigerung den Durchblick behalten will. Das klingt manchmal recht resigniert und ratlos: „Fließt da überhaupt noch Blut in deinen Füßen, in deinen kindischen Gerechtigkeitssinn. Immer Schwierigkeiten, immer gerade so zu schaffen, so macht man sich auf Dauer zum Schwierigkeitenaffen, trifft befreundete Primaten in den Kneipen und im Garten – wartend. Auf die große Sause. Oder einfach nur oder, besser noch: auf die große Pause.“ Es hält sie aber nicht davon ab, dem Groove den Vortritt zu lassen. Denn live sind sie ein ganz schöner Feger, da können sie auch ein schnödes (Rock-)Konzert schon mal zu einer ausgelassenen Party umfunktionieren. Gerrit Bartels

Die Sterne, heute ab 20.30 Uhr im Loft, Nollendorfplatz