Anwalt soll Nato mit Stinkefinger beleidigt haben

■ Rechtsanwalt muß mit Verfahren rechnen, weil er „Stinkefinger“ zeigte

Kann man die Nato beleidigen? Diese Frage stellt sich Rechtsanwalt Thorsten Mahncke seit Montag abend. Mahncke stand am vorletzten Tag der Nato-Konferenz in der Voßstraße vis-à-vis von Brandenburger Tor und Reichstag im Stau, weil die Herren der Nato-Tagung in Reisebussen und Limousinen in falscher Richtung durch die Einbahnstraße Ebertstraße kutschiert wurden.

Um seinen Unmut zum Ausdruck zu bringen, verließ der 34jährige sein Auto, stellte sich an den Straßenrand und zeigte den „Stinkefinger“. Vier Beamte erkannten sofort den Ernst der Lage und nahmen den „Effenberg“-Fan vorläufig fest. Erst nach „langem Zureden“ konnte Mahncke die Beamten davon abhalten, ihn mitzunehmen. Diese hatten mit der Gefangenensammelstelle oder Verbringungsgewahrsam gedroht. Nachdem seine Personalien aufgenommen worden waren, konnte Mahncke den Einsatzwagen mit der Aussicht auf ein Ermittlungsverfahren wegen „Beleidigung der Nato“ verlassen. Ein Vorwurf, den er „nur schwer nachvollziehen“ kann. Einem Ermittlungsverfahren sieht der auf Urheberrecht spezialisierte Anwalt gelassen entgegen. Ihn ärgere, daß „in dieser Stadt nichts möglich ist, ohne eine Unmutsäußerung zu machen“.

Am Rande der Anti-Nato- Demo am Montag abend, an der nach Polizeiangaben bis zu 2.000 Personen durch die Innenstadt zogen, nahm die Polizei insgesamt 36 Personen vorläufig fest. Bereits davor war es zu elf Festnahmen gekommen. Während die Demonstration vom Adenauer- zum Breitscheidplatz ohne größere Störungen verlief, kam es nach dem Aufzug an der Gedächtniskirche zu Ausschreitungen. Polizeibeamte wurden mit Steinen und Flaschen beworfen, Demonstranten verbrannten eine Deutschlandfahne. Am Tauentzien prügelte die Polizei dann auf Demonstranten ein, als diese versuchten, die Absperrungen zu durchbrechen.

Bei dem Angriff auf die Witwe des ehemaligen Nato-Generalsekretärs, Elfie Wörner, deren Limousine am Montag abend bei der Vorfahrt zu einem Abendessen für die Tagungsteilnehmer im Martin- Gropius-Bau mit einem Stein beworfen wurde, geht die Polizeipressestelle „von einem Zufall“ aus. Wörner, die leicht verletzt ins Urban-Krankenhaus eingeliefert wurde, konnte die Klinik nach ambulanter Behandlung wieder verlassen. Barbara Bollwahn