Kein Rückfall in Dämmerschlaf

■ Auch ohne die Beraterfirmen soll die Verwaltungsreform weitergehen. Senatsneulinge treiben das Projekt voran. Zum Testfall wird jetzt das Innenressort

Berlins Amtsstuben sollen nicht wieder in den Dämmerschlaf verfallen: Die beiden Neulinge im Senat treiben die Verwaltungsreform voran. Annette Fugmann-Heesing (Finanzen) und Jörg Schönbohm (Inneres) verkündeten gestern einen „kraftvollen Impuls“ für die Behördenperestroika: 7.500 Beamte und Angestellte läßt Berlin dieses Jahr für die Verwaltungsreform büffeln, sagte Schönbohm. Seine Kollegin versprach, daß die Bezirke ab sofort die Kosten ihres Verwaltens mit betriebswirtschaftlichen Methoden ermitteln – zum ersten Mal seit ihrem Bestehen. Berlin ist das einzige Bundesland, das seine Behörden flächendeckend reformiert.

„Die Bürger haben einen Anspruch darauf zu wissen, wie teuer eine Verwaltungsdienstleistung ist“, sagte die SPD-Finanzsenatorin. Daher beginnen alle Bezirke im Juli mit der Kosten- und Leistungsrechnung. Erst dann könne die Verwaltung vergleichen, wieviel eine Baugenehmigung in Lichtenberg oder Pankow koste. „Und daraus ergeben sich natürlich Fragen“, sagte Fugmann-Heesing: Wer genehmigt schneller, wer ist kostengünstiger, wer bedient den Bürger am freundlichsten? Bislang tappt die Bürokratie bei der Kostenfrage im dunkeln. „Wir haben zur Zeit die entsprechenden betriebswirtschaflichen Instrumente in der Kameralistik noch nicht“, beklagte die Senatorin die Kostenblindheit der Bürokratie. 1997 würden die ersten vergleichbaren Ergebnisse vorliegen.

Der CDU-Innensenator versprach, seine Senatskollegin durch Fortbildung des Verwaltungspersonals zu unterstützen. Schönbohm legt dabei offenbar großen Wert auf „eigene Kräfte“. Nachwuchsbeamte und junge Nachrückende aus den Universitäten sollten „Teams bilden, die den Reformprozeß vorantreiben“. Der Innensenator bezog sich dabei auf die Unternehmensberater, die seit 1994 das „Unternehmen Verwaltung“ unterstützt hatten. Berlin reformiert künftig ohne Hilfe der Consultants eine Mammutbürokratie mit 180.000 Beschäftigten.

Fugmann-Heesing und Schönbohm kündigten an, daß auch die Senatsverwaltungen voll in die Reform miteinbezogen würden. Bislang haben die Ressorts Arbeit, Justiz, Wirtschaft keine Anstalten gemacht, den Amtsschimmel zu vertreiben. Zugnummer soll nun die Innenverwaltung werden. Dort gibt es seit neuestem einen „Realisierungsbeauftragten“, der die größte Senatsverwaltung umkrempeln soll. Das dürfte der Testfall für die ganze Reform werden: Unter Schönbohms Amtsvorgänger Dieter Heckelmann (ebenfalls CDU) trat die Innenverwaltung stets auf die Bremse. Christian Füller