■ Nato-Tagung: Jein zur Osterweiterung
: Nur Berliner Luft?

Eigentlich war aus der Berliner Tagung des Nato- Kooperationsrates schon die Luft raus, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Zunächst mußte den Außenministern der bisher nicht zur Nato gehörenden mittel- und osteuropäischen Staaten klar sein, daß sie vor der russischen Präsidentenwahl nicht viel Neues darüber erfahren würden, wie es um ihre Aussichten steht, in das Bündnis, das sich seit Montag „die neue Nato“ nennt, aufgenommen zu werden. Dann aber hatte US-Präsident Clinton unmittelbar vor der Sitzung aus dem fernen Washington davor gewarnt, zu glauben, die Nato sei ein Klub, dem man so einfach beitreten könne.

Dies war ein deutlicher Hinweis, daß die USA sich mit der Nato-Osterweiterung – anders als Verteidigungsminister Rühe – nun doch wieder Zeit lassen wollen. Und schließlich zeigte ihnen das dem Kooperationsrat vorgeschaltete Treffen der 16 Nato-Außenminister mit ihrem russischen Kollegen Primakow, daß die Nato den russischen Empfindlichkeiten gegenüber einer Ausdehnung des Bündnisgebietes zumindest in einem wichtigen Punkt Rechnung tragen will: Es soll keine „massiven Truppenstationierungen“ der Nato nahe der russischen Grenze geben.

Unter dieser Bedingung scheint Rußland bereit, einen Teil seiner Bedenken gegen die Aufnahme von ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten und Republiken der Sowjetunion (vor allem des Baltikums) fallenzulassen. Jedoch will es noch nicht von seinem Verlangen nach einem Mitspracherecht abrücken.

Gerade das können die Nato-Staaten aber Rußland aus verständlichen Gründen offiziell nicht zugestehen, obwohl es – wie das Hin und Her seit eineinhalb Jahren zeigt – de facto schon längst über die Erweiterung mitbestimmt. Hat sich für die mittel- und osteuropäischen Außenminister also die Reise nach Berlin gelohnt? Zweifel sind angebracht, denn sowohl die bevorzugte Behandlung Primakows als auch die Bereitschaft der Nato, auf Truppenstationierungen zu verzichten, wird gerade denen nicht gefallen, die in erster Linie aus Angst vor einem neuen russischen Imperialismus in die Nato wollen. Doch wenn die Nato die Risiken, die von einer Osterweiterung für die europäische Sicherheit ausgehen, begrenzen will, wird sie deren Erwartungen noch einige Male enttäuschen müssen. Berthold Meyer

Der Autor ist Projektleiter bei der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung in Frankfurt/Main