In Angola will der Präsident aufräumen

■ Dos Santos entläßt seine gesamte Regierung und den Zentralbankchef

Johannesburg (taz) – Angolas Präsident Eduardo dos Santos hat überraschend seine gesamte Regierung entlassen. Der bisherige Premierminister Marcolino Moço sei für das Scheitern aller Wiederaufbauversuche des von jahrzehntelangem Bürgerkrieg zerstörten südwestafrikanischen Landes verantwortlich, kritisierte der Präsident in einer Ansprache an die Nation am Montag abend: „Die gesamte Produktion ist gelähmt, und die soziale Situation hat sich weiter verschlechtert.“ Außerdem seien das Gesundheits- und Erziehungswesen zusammengebrochen. „Es ist höchste Zeit, die Dinge zu ändern, und die, die Fehler gemacht haben, müssen die Verantwortung dafür übernehmen.“

Mit einer neuen Regierungsbildung beauftragte dos Santos den bisherigen Parlamentspräsidenten Fernando van Dunem. Der 61jährige Jurist und angesehene Diplomat hat jetzt dafür fünf Tage Zeit. Ziel der Regierungsumbildung, so dos Santos in seiner Rede, sei, das Land an die Marktwirtschaft heranzuführen. Die Wirtschaft, die außer Öl kaum etwas mehr selbst produziert, müsse wiederaufgebaut und das Bankensystem reformiert werden. Neben der Regierung entließ dos Santos daher auch gleich noch den Chef der Zentralbank, Antonio Gómes Furtado, und erklärte den gesamten Devisenmarkt für suspendiert. Alle „strategischen“ Bankgeschäfte müssen jetzt vom Präsidenten persönlich abgesegnet werden.

Die Ziele, die dos Santos formuliert, unterscheiden sich nur wenig von einem Wirtschafts- und Sozialplan vom April 1995, bei dessen Umsetzung bisher keinerlei Fortschritte erzielt wurden. Ein Großteil der Bevölkerung lebt trotz der Beendigung des Bürgerkriegs weiter in großer Armut und ist abhängig von internationalen Hilfsorganisationen. In der vergangenen Woche warnte der Generalsekretär der MPLA, Lopo do Nascimento, gegenüber einer portugiesischen Zeitung vor der Gefahr eines Militärputsches, falls sich die Lebensverhältnisse nicht bessern würden. Auch der Friedensprozeß unter Federführung der UNO geht so schleppend voran, daß diese Anfang Mai ihre Mission nur für zwei Monate – bis Ende Juni – verlängerte. Kordula Doerfler