Warten auf die große Welle

■ Jugendkultur: Die Komödie Blue Juice vermittelt ironisch zwischen Techno-Heads und Surfern

Wenn in einem Film zwei Bewegungen verarbeitet werden, die insbesondere bei Jugendlichen Gegenstand kultischer Verehrung sind, macht das den Kinogänger zumindest skeptisch. Im Fall von Blue Juice vom Spielfilmdebütanten Carl Prechezer handelt es sich um Techno und Surfen, deren Anhänger sich, was die Bedingungslosigkeit der Huldigung betrifft, durchaus ähneln. Optimistischer stimmt allerdings das Herkunftsland Großbritannien, einerseits Wiege von Techno, andererseits nicht gerade als Surfparadies verschrieen. Da darf man hoffen, von einer ironiefreien Verherrlichung einigermaßen verschont zu werden.

Hauptfigur von Blue Juice ist JC (Sean Pertwee), ein Lebenskünstler und begeisterter Surfer, der die drohende Midlife-Crisis quasi schon in Form eines körperlichen Gebrechens in sich trägt. Er leidet unter Rückenbeschwerden, und, da Surfen sein Lebensinhalt ist, stellt sich ihm schon um die 30 die Frage, was denn nun am besten mit dem Leben anzufangen sei. Von Anfang an ist der Film bestimmt von JC's Entscheidungsschwierigkeit zwischen einem verantwortungsvollen Leben (seine Freundin Chloe drängt auf die Errichtung einer gemeinsamen Existenz) und ewiger, sorgloser Jugend. Und über allem schwebt noch der Traum des Aussteigers. Denn JC besitzt ein Flugticket zu den besten Surfstränden der Welt.

Als wäre das nicht schwierig genug, tauchen auch noch Freunde auf, die ihn davon abhalten, sich mit seinen Problemen auseinanderzusetzen. Ein erfolgreicher Techno-Produzent, ein versagerischer Drogendealer und ein Gastwirt, der bald heiraten wird und den Arsch nicht mehr hochkriegt. Auf der Jagd nach der großen Sause wird das gleiche Problem auf mehreren Ebenen durchgespielt. Wie lebt man richtig und wahrhaftig? Großstadt oder Provinz? Familie als Trägheitsfalle? Lohnt es sich, an der englischen Küste auf die große Welle zu warten? Oder nicht?

Die Synthese gelingt am Ende recht problemlos. Kult und Kom-merz vertragen sich aufs trefflichste. Der Rave in der Provinz wird zukunftssichernd und der halsbrecherische Wellenritt in der richtigen Situation charakterbildend. All das nimmt man Blue Juice aber nicht übel. Zum einen ist er in seiner Skurrilität und seinem Einfallsreichtum zu unterhaltsam. Zum anderen weiß er seine versöhnliche Haltung augenzwinkernd zu kommentieren.

In der Hoffnung auf ein erotisches Abenteuer findet sich der Techno-Produzent unversehens vor einem Tribunal von Sixties-Fans wieder, die seine Verwurstung ihrer Helden aufs schärfste tadeln. Doch während er am Ende bekehrt ist, setzt ausgerechnet seine größte Kritikerin seine Arbeit fort. Irgendwie muß man ja sein Geld verdienen. Sven Sonne

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