Drei Sprayer festgenommen

■ Polizei und BVG jubeln über "schweren Schlag" gegen die Graffiti-Szene. Zwei angebliche Sprayer-Stars unter den Festgenommenen. Wohnungen durchsucht

Die gestrige Nachricht der BVG-Pressestelle klang, als sei ein Schwerstkrimineller gefaßt worden. Eine Sonderkommision der Polizei habe „der Szene einen schweren Schlag versetzt“. Festgenommen wurden jedoch keine Mafiosi oder Wirtschaftskriminelle, sondern drei Graffiti-Sprayer. Bescheiden fiel hingegen die Ausbeute der beschlagnahmten Gegenstände aus: keine belastenden Dokumente, sondern lediglich zwanzig Spraydosen. Zu den Ergebnissen von drei anschließenden Wohnungsdurchsuchungen wollte sich die Polizei gestern noch nicht äußern. „Die Ermittlungen laufen noch“, hieß es.

Die drei Sprayer wurden in der Nacht zum Mittwoch auf dem Gelände des U-Bahn-Depots Kaulsdorf verhaftet. Laut BVG hatten Angehörige des Wachschutzes vier verdächtige Gestalten bemerkt. Zwei Personen hätten zunächst das Gelände ausgekundschaftet und, als die Luft rein schien, den zwei anderen Bescheid gegeben. Die Festnahmen seien erfolgt, als die Gruppe ihre Spraydosen an einer Wand ausprobierte. Ein Verdächtiger sei geflohen. Die Gruppe habe vorgehabt, für einen der Festgenommenen einen „Geburtstagszug“ zu sprühen, so die Polizei.

Die Sonderkommission hält die Festnahmen für einen großen Erfolg. Bei zwei der drei Festgenommenen handle es sich um „Stars“ der Berliner Grafitti-Szene. Gegen den 23jährigen Gükan B. und den 22jährigen Dennis sollen zusammen bereits über 110 Verfahren anhängig sein. Bei beiden handle es sich um „große Fische“. Die SoKo hofft, die Festnahme werde „verunsichernd“ auf die Szene wirken. Die BVG schätzt den von den beiden angerichteten Schaden auf 100.000 Mark. Vor zwei Jahren hatten die Polizei und das BVG- Ordnungsamt die „Sonderkommission Graffiti“ begründet, um gegen die Spayer vorzugehen. Bei zwei Großrazzien im letzten Jahr waren über 150 Wohnungen durchsucht worden. Vor einigen Wochen war zum erstenmal ein Haftbefehl gegen einen 19jährigen Sprayer erlassen worden.

Kritiker werfen den Behörden mangelndes Verständnis für jugendkulturelle Ausdrucksformen vor. Die Polizei wiederum glaubt, daß Teile der Sprayer-Szene ihre Utensilien unter anderem durch Ladendiebstähle finanzieren. Im vergangenen Jahr legte die Senatsverwaltung für Jugend eine Studie vor, nach der der harte Kern der Sprayer-Szene auf 200 bis 300 Jugendliche, ihr Umfeld auf 2.000 geschätzt wurde. Hinzu kämen rund 10.000 Sympathisanten. Die BVG gibt laut eigenen Angaben 20 Millionen Mark im Jahr für die Beseitigung von Schäden „durch Graffiti und Vandalismus“ aus, die Deutsche Bahn AG rund 7 Millionen Mark. Tobias Rapp