Gefährlicher Populismus

■ Bonn verschärft das Ausländerstrafrecht

Hochkonjunktur für Populisten. Wenn der Innenausschuß des Bundestags nächste Woche im Schnellverfahren über eine Verschärfung des Ausländerrechts berät, dann können sich die beteiligten Abgeordneten als wahre Volksvertreter fühlen. Ausländische Straftäter schneller abschieben – welch anderer Gesetzesvorstoß kann heutzutage mit so einhelliger Zustimmung rechnen? Drogendealer, PKK- Zündler, Zigarettenschmuggler – return to sender, „Deutschland darf kein Importland werden für auswärtige Konflikte und Kriminalität!“

Klingt gut und ist gefährlich falsch, denn die schnellere Abschiebung straffälliger Ausländer wird vor allem Inländer treffen: auf die schiefe Bahn geratene Migranten, die bereits zehn oder zwanzig Jahre in Deutschland leben, und ihre hier geborenen Kinder. Unter dem Vorwand, einige PKK-Aktivisten und Drogendealer retour zu schicken, wird sämtlichen Einwanderern eine Strafe angedroht, die das deutsche Recht gar nicht kennt: die Verbannung.

Künftig soll schon eine mehr als dreijährige Haftstrafe eine noch härtere, zweite Bestrafung nach sich ziehen – die Verfrachtung in ein Land, das die meisten Verurteilten nicht kennen, dessen Sprache sie kaum beherrschen und in dem sie keinerlei soziale Bezüge haben.

Diese archaische Bestrafung ist auch nach dem jetzigen Ausländerrecht möglich – nach einer mindestens fünfjährigen Haftstrafe und nur als Kann- Bestimmung. Und schon jetzt schafft sie kaum vorstellbare Verwerfungen in Einwandererfamilien. Seit Jahren fordern Juristen und Strafvollzugsexperten deshalb ein Ende dieser Doppelbestrafung, doch anstatt die fragwürdigen Paragraphen zu streichen, will man nun den Kreis der Betroffenen noch größer ziehen.

Seit Jahren auch stellen Kriminologen klar, daß die „Ausländerkriminalität“ großenteils kein importiertes, sondern ein hausgemachtes Problem ist, das man nicht durch Export lösen kann. Das Gros der Straftäter ist in der bundesrepublikanischen Gesellschaft aufgewachsen, an und in ihr gescheitert, und in ihr kriminell geworden – nicht in der Türkei, in Kroatien oder im Libanon. Doch was von der Realität längst widerlegt ist, regiert unausrottbar in Bonner Köpfen: einmal Ausländer, immer Ausländer. Vera Gaserow