Rezession Goethe

■ Dichternachwuchs beim Poetry-Slam in der Prinzenbar

Lieferten hier etwa zwei Stipendiaten der Villa Massimo einer amüsierbereiten Gruppe Wasauchimmer-Seminaristen ein bißchen Kicherstoff? Nicht ganz. Tatsächlich versuchten zwischen den Überleitungen der Conferenciers Schorsch Kamerun und Rocko Schamoni einige Autorinnen und Autoren der Anthologie Poetry! Slam! möglichst wenige der Freundinnen und Freunde gediegener Wortkunst zu überfordern. Wer die Beiträge in der Prinzenbar am Mittwoch abend hörte, bekam es auf diese Weise mit Leuten zu tun, die sich als Slam-Poeten von Literatur in Langeweile absetzen wollten, aber doch auch nicht völlig auf einen literarischen Gestus verzichten möchten.

Vortragende wie H.P. Daniels, Andreas Neumeister oder Alfred Hackensberger treten als Menschen auf, die sich nicht zu viele Probleme damit machen wollen, bis zum Hals in Kulturgeschichte zu stecken oder von Pop-Geschichte umgeben zu sein. Zu den Absichten dieser neuen Dichter gehört es, ohne anzugeben, anzugeben, ohne das Maul aufzureißen, das Maul aufzureißen, ohne daß einer einen nachher als Kauz außer Konkurrenz bezeichnen kann.

Andreas Neumeister etwa sagt, daß ein Umzug nach Berlin zu Zeiten der Mauer für ihn nie in Frage kam. Die vor der Bühne dicht an dicht hörenden Bekannten des Gediegenen können aufatmen und erkennen: Slam-Poeten wollen nicht gleich „alles“. In dem Durcheinander, das die Postmoderne hinterläßt, tut jedes Miteinander gut. Und wenigstens nimmt sich hier keiner zu wichtig.

Schamoni und Kamerun lieferten Witze zu einem Leben, das einem sowohl das Gefühl vermittelt, mitten durch einen Fake zu laufen, als auch, schon wieder dort ein Selbstgespräch zu führen, wo sich Mehrheiten gerade nicht versammelt haben. Am Ende der Veranstaltung unter den Putten in der Prinzenbar gab es einen veralteten Schreibcomputer zu gewinnen, kurz nachdem Bernd Begemann aufgefordert hatte: „Bekenne dich zu deinem Aldi-Markt.“

Der Wink mit der zu gewinnenden Computer-Maus: Nicht nur, was du tust, sondern auch der Rest von dem, was für dich noch ansteht, ist ein schlechter Witz. Aber einer, von dessen Pointe sich vielleicht mal leben läßt. Rezession, Goethe!

Kristof Schreuf