Vorbild Staat

Wenn morgen CDU und SPD ihrem Wirtschaftssenator Elmar Pieroth (CDU) das Vertrauen aussprechen, dann tun sie das, weil sie einerseits die Große Koalition nicht gefährden wollen und andererseits den Vorwurf des Verfassungsbruchs wegen verschleierter Verschuldung als strittig betrachten. Mit ihrem Vertrauen für Pieroth aber signalisieren sie auch, daß CDU und SPD der Koalitionsräson selbst dann Vorrang einräumen, wenn sie damit jemanden schützen, der nachweislich Millionen verschwendet hat.

So wird das Signal am Wochenende fatal wirken. Denn was will uns die Große Koalition mitteilen: Ihre Schulsenatorin erhöht Familienkarten für Freibäder auf das Vierfache, und ihr Verkehrssenator läßt die Sozialkarte für U-Bahn, Tram und Bus ersatzlos wegfallen. Von türkischen Familien, die ihre Sommerferien im Prinzenbad verbringen, und von Sozialhilfeempfängern, die stärker als andere auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, werden Opfer verlangt. Dieselben Leute aber, die diese Opfer fordern, können ungestraft Geldkoffer aus Verwaltungsfenstern werfen und ausgerechnet dort landen lassen, wo sie am allerwenigsten gebraucht werden: in den Tresoren der Banken.

Wer solch einen Spagat mit seiner Stimmenmehrheit im Parlament deckt, der will ganz offensichtlich eins: daß das einfache Volk keine Opfer mehr bringt, sondern die Freibäder stürmt und schwarz U-Bahn fährt. Und wer dabei erwischt wird, darf sich bei seinem für das Land Berlin schädlichen Verhalten auf wirklich seriöse Vorbilder berufen. Nämlich auf Senator Pieroth und die Abgeordneten von CDU und SPD. Dirk Wildt

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