■ Israel: Netanjahu jongliert mit Freund und Feind
: Teile und herrsche

Die gute Nachricht zuerst: Jassir Arafat wird zum zweiten Mal Vater. Ob der erwartete Nachwuchs aber in einen besseren, friedlichen Nahen Osten hineinwachsen wird, darf bezweifelt werden. Netanjahus Regierung wird die Illusion vom nahöstlichen Frieden nach einer Schamfrist endgültig platzen lassen.

Den Führern der arabischen Nachbarn, die sich auf ihrem Gipfeltreffen in Aqaba in dieser Woche gegenseitig Mut zusprachen und vollmundig die Bildung eines palästinensischen Staates einklagten, hat Netanjahu gleich eine deftige Ohrfeige verpaßt: Jerusalem bleibt auf immer und ewig Israels unteilbare Hauptstadt, einen palästinensischen Staat wird es nicht geben, die israelischen Siedlungen werden ausgebaut. So seine Antwort. Punktum.

In diese Richtung wird die neue israelische Regierung marschieren, selbst wenn Netanjahu sie erst nach längerem Gezerre zustande bringt. Beim Zusammenzimmern seines Koalitionsgebälks zeigt der telegene Strahlemann bislang durchaus Bauernschläue und taktisches Geschick. Das Motto, nach dem er verfährt – „teile und herrsche“ –, mag hausbacken klingen; in der vielfach zersplitterten israelischen Parteienlandschaft ist es vielleicht das einzig wirksame. Gegenüber allzu herben Forderungen der Rechtsaußen Arik Scharon und Raful Eitan sowie der religiösen Eiferer bringt er die Arbeitspartei ins Spiel. Stichwort: große Koalition. So zeigt er seinen künftigen kleinen Koalitionspartnern die Grenzen. Die Arbeitspartei fühlt sich geschmeichelt und findet jede Menge nationale Gründe, die für eine große Koaliton sprechen. Das gefällt im Ausland, vor allem in den USA. Man muß den Friedensprozeß nicht offiziell beerdigen, sondern kann damit zumindest bis nach den US-Präsidentschaftswahlen warten. Und auch die Europäer müssen sich nicht gleich konsterniert in den Schmollwinkel zurückziehen. Sie dürfen Arafat und seinen Polizeistaat finanziell unterstützen und die Illusion nähren, daß vielleicht doch noch nicht alles aus ist.

Plausibel mag es ja erscheinen, daß Netanjahu Maximalforderungen verkündet und nicht schon Positionen aufgibt, bevor er überhaupt mit der PLO verhandelt. Aber die Ohrfeige, die er den arabischen Nachbarn verabreicht hat, war kein Ausrutscher, sondern Programm. Und dies gilt unabhängig davon, ob er eine rechte oder eine große Koalition zusammenbringt. Familie Arafat wird ihre Zukunft erst einmal in Gaza planen müssen. Georg Baltissen