■ Vorschlag
: Ideale Verwalter des eigenen Erbes mit Live-Garantie: Cornu im Knaack

Für gute Rockmusik ist Frankreich nicht gerade berühmt. In einem Land, wo man begeistert alle Spielarten von elektronisch produzierter Musik abfeiert – seien das nun Suicide oder Front 242, HipHop oder Italo-House – ist die Versuchung nicht groß, anglo-amerikanischen Rockgrößen nachzueifern. Dessenungeachtet gab es jedoch ein paar Bands, die auf der Basis des üblichen Line-ups eine speziell französische, verspielt-folkloristische Rock-'n'-Roll-Variante auf Bühne und Tonträger stemmten: Mano Negra, Les Negresses Vertes und Forguette Mi Note.

Forguette Mi Note waren dabei die Verwegensten: Die scherten sich einen feuchten Kehricht um konventionelle Punk- oder Rockstrukturen und packten alles, was ihnen gerade zur Verfügung stand, in ihre Songs, von verqueren Bläsern und Streichern, afrikanischen Trommeln bis zu den vertracktesten Rhythmus-Sektionen. Ein ziemlich wüstes Cross-over aus Pop, Hardcore, Weltmusik und Chanson war das, geboren aus dem Geist von Punk. Manchmal wirkten die Songs eine Idee zu wirr und bunt – Stilvielfalt, die überraschende Wendung, der entscheidende Stoß vor den Kopf sollten jedoch unüberhörbar Programm sein. Wie überall auf der Welt gab es allerdings auch bei Forguette Mi Note Streitereien. Diese führten dazu, daß die Sängerin und Gitarristin Claire – die mit den „colourful metaphors“ – sowie der Bassist die Band verließen, während der Rest sich unter dem Namen Cornu neu formierte.

Wo man nun weiß, daß niemand zur Gänze die eigene Vergangenheit leugnen kann, da haben sich natürlich auch Cornu den alten Schwung erhalten: In einem Song schreit Julie Bonnie, die Violinistin, wie ein Rrriot Grrl ihre Seele aus dem Leib, etwas unmotiviert zwar, aber wirkungsvoll den ansonsten ruhigen und gelassenen Beat kontrastierend, und im nächsten Song brummen wieder nervös und „schräg“ die Gitarren. Mal wird süßlich eine Kindermelodie angestimmt, dann gibt es haufenweise Einsprengsel orientalischer und osteuropäischer Volksmusik. Und obwohl die Songs insgesamt straighter und beruhigter wirken, die Brüche subtiler geworden sind als ehedem: Cornu sind so sehr die idealen Verwalter des eigenen Erbes, daß auch live on stage der bekanntermaßen großen und beliebten Sause nichts im Wege steht. Gerrit Bartels

Heute, ab 21 Uhr, Knaack, Greifswalder Straße 224