Das Ei des Tacheles

■ Kleinteilige Bebauung durch den Investor Jagdfeld wird jetzt in der Bürgerbeteiligung diskutiert. Alle loben den "städtebaulich gelungenen Entwurf"

Die Baustadträtin von Mitte, Karin Baumert, war begeistert: „Ein städtebaulich gelungener Entwurf.“ Der potentielle Investor Anno August Jagdfeld übte sich im Understatement: „Urbanität kann ein Investor allein nicht schaffen.“ Einzig die Tacheles-Künstler vermißten konkrete Zusagen über die Sicherung ihres Kunsthauses. „Doch darum“, sagte Karin Baumert, „geht es hier gar nicht.“

Worum es gestern der Baustadträtin, dem Investor und der Projektleiterin Toni Sachs Pfeifer ging, war die vorgezogene Bürgerbeteiligung im Bebauungsplanverfahren für das Tacheles-Gelände zwischen Oranienburger und Johannisstraße. Zur Diskussion steht ein städtebaulicher Entwurf, der für Berliner Verhältnisse in der Tat außergewöhnlich ist. Das Gelände soll nicht nur mit bis zu 40 einzelnen Gebäuden kleinteilig bebaut werden. Auch der angedachte – allerdings freifinanzierte – Wohnanteil ist mit 50 Prozent sehr hoch angesetzt. Auf dem Gelände hinter dem Tacheles soll sogar ein öffentlicher Platz, das „Ei am Tacheles“, entstehen und durch eine Stichstraße von der Friedrichstraße aus erschlossen werden. Zu guter Letzt solle das denkmalgeschützte Tacheles baulich gesichert und als Kunsthaus in das Projekt „Johannisviertel“ integriert werden, sagte Investor Jagdfeld, der das gesamte Projekt auf insgesamt 23.000 Quadratmeter Grundstücksfläche auch als „Experiment“ begreift. Dabei gehe es ihm weniger darum, das Logo Tacheles zu vermarkten, als vielmehr darum, einen innovativen Kulturstandort zu sichern.

Bis zum Jahre 2002 soll das künftige Johannisviertel fertig sein und nach den Worten der Baustadträtin Baumert den „Übergangsbereich zwischen Spandauer Vorstadt und City“ markieren. Bis dahin müssen aber nicht nur die eigentumsrechtlichen Fragen gelöst werden, sondern auch die kunstpolitischen. Die Tacheles-Betreiber würden das gesamte Gelände nämlich am liebsten unbebaut sehen und befürchten, vom Investor lediglich als Aushängeschild benutzt zu werden.

An der städtebaulichen Qualität des Entwurfs, dessen konkrete Architektur nach Angaben von Projektentwicklerin Pfeifer auch mit den künftigen Nutzern abgestimmt werden soll, wollte allerdings niemand zweifeln. Der Grund: Der ursprüngliche Entwurf der schwedischen Skanska- Gruppe sah nicht nur eine 80prozentige gewerbliche Nutzung, sondern auch eine völlige Überbauung des Grundstücks im Großformat vor. Uwe Rada