■ Kluge Köpfe etc.: FAZzy Logic: Geschichtswissen aus Frankfurt/M.
Mittwoch, 5. Juni in der FAZ: „Mit Benni Begin gibt es noch einige Likudpolitiker, die lieber jeden Kontakt mit Deutschland meiden und so nicht aus der Geschichte lernen, sondern sie zur ideologischen Selbstbehauptung nutzen wollen. Sollte Netanjahu im deutsch-israelischen Verhältnis in jene Zeit zurückfallen, wo es Israel darum ging, der Deutschen schlechtes Gewissen auszunutzen, um daraus Geld zu prägen?“
Man möchte diese Zeilen am liebsten vergessen. Der Autor ist offensichtlich unfähig, logisch zu denken. Er widerspricht im zweiten Satz seinem ersten: Denn wie sollen jene „Israelis“, die er im Sinne hat, das „schlechte Gewissen der Deutschen ausnutzen, um daraus Geld zu prägen“, wenn sie, wie er selbst zugibt, „jeden Kontakt mit Deutschland meiden“ wollen? Logik darf man von Antisemiten nicht erwarten. Auch keine Geschichtskenntnisse! Der Schreiber weiß nicht oder will vergessen machen, daß bei dem „Luxemburger Abkommen“, allgemein „Wiedergutmachung“ genannt, nicht schlechtes deutsches Gewissen mit Geld überdeckt wurde, sondern Zahlungen für geraubtes jüdisches Vermögen und für die Integration von Überlebenden vereinbart wurden. Nicht für Ermordete!
Die Vereinbarung wurde von der Regierung Ben Gurion in Israel durchgesetzt, weil der Premier an ein „neues demokratisches Deutschland“ glaubte. Die Gegner des Abkommens, allen voran der damalige Oppositionsführer Menachem Begin, wollten von Deutschland nichts, schon gar nicht deutsches Geld.
Geschichtsklitterung ist eine unverzichtbare Ingredienz des Antisemitismus. Man ist derartiges von rechten Postillen aus München und anderswo gewohnt. Aber Jörg Bremer, der Autor der eingangs zitierten Zeilen, ist kein gewöhnlicher Schreiber in einem x-beliebigen Antisemitenblatt. Er ist langjähriger Korrespondent der renommierten Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Dahinter steckt für gewöhnlich ein kluger Kopf.
Jörg Bremer allerdings ist ein Mann voller Vorurteile, der sich schon 1992 nicht scheute, auf einer deutsch-israelisch-amerikanischen Konferenz Klage über diebische Asylbewerber zu führen. Rafael Seligmann
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