Arbeiterkampf für Sandalen, Kapital und gegen die Gewerkschaft

■ Karl Birkenstock mobilisiert die Belegschaft seiner Schuhfabriken gegen den einzigen Betriebsrat

Sankt Katharinen (taz) – Etwa 700 MitarbeiterInnen des Sandalenfabrikanten Birkenstock haben gestern gegen den Betriebsrat einer ebenfalls zum Konzern gehörenden Firma demonstriert – angeblich aus Angst um ihre Arbeitsplätze. Unter Transparenten wie „Die Gewerkschaft schafft Arbeitsplätze im Ausland“ marschierte der Zug unter Buhrufen und Pfiffen an den zwei Lagerhallen vorbei, in denen die letzten 60 betriebsratstreuen MitarbeiterInnen untergebracht sind. Der anonyme Demonstrationsaufruf wirft der Gewerkschaft Holz und Kunststoff „Mord“ an Arbeitsplätzen, Zulieferfirmen und an den „letzten Überlebenden der deutschen Schuhindustrie“ vor.

Die Frage, was sie der Gewerkschaft denn konkret vorwerfen, konnten viele DemonstrantInnen nicht beantworten. Manche wandten sich stumm und verunsichert ab. Die Demonstration war offensichtlich in Absprache mit der Geschäftsleitung organisiert worden. Die DemonstrantInnen ließen sich vor und nach dem Protestzug auf dem Firmengelände kostenlos mit Imbissen und Getränken versorgen. Aus einem Birkenstock-Betrieb im sächsischen Bernstadt waren eigens 200 MitarbeiterInnen angereist. Die Frage, was er denn für die Busfahrt bezahlt und ob er für den Tag Urlaub bekommen habe, wollte ein Demonstrant lieber nicht beantworten – die meisten Birkenstock-Firmen hatten gestern Betriebsferien, für die MitarbeiterInnen der Firma „DeP“ (früher Birko), gegen deren Betriebsrat sich die Demonstration richtete, war dagegen eine Urlaubssperre verhängt worden.

Die Birkenstock-Mitarbeiterin Edeltraud Krause, die die Demonstration angemeldet hatte, erklärte: „Alle MitarbeiterInnen stehen hinter ihrem Arbeitgeber.“ Die Demonstration richte sich nicht generell gegen Gewerkschaften und Betriebsräte, sondern nur gegen den Gewerkschaftssekretär Wolfgang Conrad, der den DeP- Betriebsrat beherrsche.

Firmenpatriarch Karl Birkenstock und seine Söhne haben bisher nichts unversucht gelassen, um den vor drei Jahren installierten Betriebsrat der Firma Birko loszuwerden. Die Belegschaft wurde abgebaut und zum Wechsel in Neugründungen gedrängt. Letztes Jahr sollte Birko dann geschlossen werden. Der Betriebsrat forderte 2,8 Millionen Mark für einen Sozialplan. Das war Birkenstock zu teuer. Er versucht seither, die Belegschaft durch Arbeitsentzug und Druck zu zermürben. Sven Hansen