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Mit der Fackel für die weiße Rasse

Rechte US-Amerikaner brennen Kirchen schwarzer Gemeinden nieder. Ex-Präsidentschaftskandidat Jesse Jackson macht die geistigen Brandstiffter bei den Republikanern aus  ■ Aus Washington Andrea Böhm

Es nahm sich aus wie ein Alptraum aus alten Zeiten: An der Tür der „Macedonia Baptist Church“ in Bloomville im Bundesstaat South Carolina klebte ein Flugblatt mit dem Porträt eines Ku- Klux-Klan-Anhängers in Kapuze und Umhang. Darunter ein Totenschädel mit gekreuzten Knochen. Das Flugblatt hielt die schwarzen Gemeindemitglieder nicht davon ab, weiterhin zum Gottesdienst zu erscheinen. Doch vier Wochen später lag ihre Kirche in Schutt und Asche. Die Polizei konstatierte Brandstiftung, der Gemeindevorstand Rassismus: In den letzten 18 Monaten sind in den Südstaaten der USA mindestens 30 Kirchen afroamerikanischer Gläubiger niedergebrannt worden. Der jüngste Anschlag ereignete sich letzten Donnerstag: In Charlotte, North Carolina, brannte ein Teil der „Matthews-Murkland Presbyterian Church“ nieder.

Daraufhin sah sich US-Präsident Bill Clinton gezwungen, in seiner wöchentlichen Radioansprache Stellung zu nehmen. Es gebe zwar bislang keine Beweise für eine „nationale Verschwörung“ der Täter. „Doch klar ist“, erklärte Clinton am Samstag, „daß rassistische Vorurteile die treibende Kraft hinter einer Reihe dieser Anschläge ist.“ Der US-Präsident versprach, verstärkt die Bundespolizei einzuschalten.

Bürgerrechtsorganisationen sowie schwarzen Politikern und Kirchenführern geht das zu langsam. Die obligatorische Stellungnahme der Ermittlungsbehörden nach jedem Brandanschlag, wonach es keine Hinweise auf einen organisatorischen Zusammenhang der Täter gebe, werten viele als Verharmlosung. „Es gibt eine rassistische Verschwörung, Schwarze anzugreifen“, erklärte Randolph Scott-Mc Laughlin, Vizepräsident des „Center for Constitutional Rights“ (CCR). Waren Brandanschläge auf Wohnhäuser und Kirchen von Schwarzen in den 50er und 60er Jahren Teil einer massiven Einschüchterungskampagne gegen die schwarze Bürgerrechtsbewegung, so gelten sie heute in vielen rassistischen und neonazistischen Gruppierungen als „Initiationsritual“ für neue Mitglieder. Entsprechende Rekrutierungstaktiken beschrieb der lokale Chef der „White Aryan Faction“ in Clarksville im Bundesstaat Tennessee vor einem Bundesgericht. Er habe junge, weiße Männer angeworben, um die „weiße Rasse zu schützen“. Die „White Aryan Faction“ ist nach Ansicht des CCR mitverantwortlich für den Brandanschlag auf eine schwarze Familie sowie auf die Kirche einer schwarzen Gemeinde in Tennessee.

Zusammen mit dem „Southern Poverty Law Center“ (SPLC) vertritt das CCR afroamerikanische Kirchen, die auf zivilrechtlichem Wege Schadensersatzklagen gegen rechtsradikale Organisationen anstreben. Eine solche hat die „Macedonia Baptist Church“ am Freitag gegen die „Christlichen Ritter des Ku-Klux-Klan“ eingereicht. Ihnen gehören der 23jährige Timothy Welch und der 22jährige Gary Cox an, die wegen des Brandanschlages auf die Kirche angeklagt sind. Nach Angaben des SPLC gelten schwarze Kirchengemeinden bei den in Kreisen der „Christlichen Ritter des Ku-Klux- Klan“ als „Sammelorte für Sozialhilfeempfänger“. Mit der Klage will SPLC-Direktor Morris Dees rechtsradikale Organisationen dort treffen, wo sie es am deutlichsten spüren: am Geldbeutel. „Sobald Klan-Mitglieder und Nazis kapieren, daß ihr gesamter Privatbesitz auf dem Spiel steht, werden sie sich solche Aktionen zweimal überlegen. So ist das eben in Amerika: Wenn man will, daß Leute ihr Verhalten ändern, muß man sie zahlen lassen.“

Geht es nach Jesse Jackson, selbst Prediger und Bürgerrechtsaktivist, müssen noch ganz andere Leute zur Rechenschaft gezogen werden. Der ehemalige Präsidentschaftsbewerber der Demokraten hat wiederholt die Republikaner beschuldigt, mit ihrer Rhetorik und Politik gegen staatliche Sozialprogramme, Antidiskriminierungsgesetze sowie der Stigmatisierung von Schwarzen als Hilfsempfänger oder Kriminelle zu „einer Atmosphäre“ beizutragen, die Gewaltakte begünstige. „Die blauen Anzüge machen im Kongreß Propaganda und Gesetze gegen Bürgerrechte, die schwarzen Roben in den Gerichten treffen immer restriktivere Entscheidungen – und die weißen Kapuzen kümmern sich ums Abfackeln.“

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