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Zementwerk kann teuer werden

■ Zementwerk-Pläne von SPD und CDU versenkt / Firma will 25 Millionen Schadenersatz

Eine schwere Schlappe für Hafensenator Uwe Beckmeyer: Am Freitag hat die Hafendeputation erneut Beckmeyers Plan versenkt, ein Zementwerk in Gröpelingen anzusiedeln. Und das nicht ohne politische Pikanterie. Während sich Grüne und AfB enthielten stimmte die komplette Riege von SPD und CDU gegen den einsamen Senator aus den eigenen Reihen. Möglicherweise mit bösen Folgen, denn der Investor, die Kohl Bau GmbH (KB) hat vorsorglich angedroht, daß sie von Bremen Schadenersatz sehen will, wenn das Projekt platzen sollte, mittlerweile 25 Millionen Mark. Allein die Grünen schlagen Alarm. Wenn das „tatsächlich wegen erwiesener Unfähigkeit des Senats und Uneinigkeit der Koalition“ eintreten würde, dann sei das „ein finanzpolitischer Skandal erster Güte“, wetterte der Grünen-Fraktionssprecher Ralf Fücks. Das Hafenressort hält allerdings trotz der Niederlage unverbrüchlich an seinen Plänen fest.

Die unendliche Geschichte der Ansiedelung des Zementwerks beginnt 1993. Da stimmte die Hafendeputation und später, im Februar des darauffolgenden Jahres, der Grundstücksausschuß der Finanzdeputation einem Erbpachtvertrag zwischen der KB und dem Hafenressort zu. Es ging um ein Grundstück an der Gröpelinger Kap- Horn-Straße. Beide Seiten schlossen eine Art Vorvertrag ab, KB bekam vom Bauordnungsamt die Abbruchgenehmigung für die Gebäude, die auf dem Hafengrundstück standen. Alles verlief reibungslos – bis sich heftige Widerstände formierten.

Die kamen erstens aus dem Beirat. AnwohnerInnen hatten reichlich Dampf gemacht, bis sich der Beirat Gröpelingen wegen der zu erwartenden Staubemissionen und der 100 LKW, die das neue Werk Tag für Tag durch die Hafenrandstraße schicken würde, gegen die Baugenehmigung stimmte. Daran änderte auch ein TÜV-Gutachten nichts, das dem Werk kaum Belastungen attestierte.

Je hitziger der Protest an der Basis, desto kälter wurden die Füße vor allem der Bürgerschaftsabgeordneten der SPD. Die Auseinandersetzungen mit den Gröpelinger Basisgenossen um das Asylschiff im Kohlenhafen waren noch in frischer Erinnerung. Damals war fast die komplette Beiratsfraktion aus der Partei ausgetreten. An die Spitze der Bewegung setzte sich einer, der bis zur letzten Bürgerschaftswahl noch Sprecher der Hafendeputation war und daher auf Du und Du mit dem Zementwerk: Andreas Weichelt aus der West-SPD. Die SPD-Bürgerschaftsfraktion rückte per Beschluß von ihrem Hafensenator ab.

In der CDU sah die Lage für Beckmeyer nicht besser aus. Schon in der Ampelkoalition hatte das noch FDP-geführte Wirtschaftsressort wegen der Nähe des Zementwerks zum geplanten Space-Park Widerstand geleistet. Nun, in der Großen Koalition mit einem Wirtschaftsressort in Händen der CDU, wurde der Widerstand noch gesteigert. Die Speerspitze: Klaus Hilker, Chef der Stahlwerke und CDU-Deputierter in der Wirtschaftsdeputation. Ein Widerstand, der durchaus mit Eigeninteressen durchsetzt ist. Denn auf dem Gelände der Stahlwerke steht das Werk des Zement-Monopolisten Alsen-Breitenburg, das der Hütte die Schlacke abnimmt. Hilker gestern: „Der Markt in Bremen ist gesättigt. Das neue Werk muß ein Flop werden.“ Er wolle nur verhindern, daß Steuergelder vergeudet werden.

Angesichts dieser politischen Lage nutzte es Beckmeyer noch nicht einmal, daß er bei der Sitzung der Hafendeputation am vergangenen Freitag einen neuen Standort präsentierte, weit weg von Wohngebieten und vom Space-Park-Gelände. Aber auch die CDU-Bürgerschaftsfraktion hatte einen Beschluß gegen das Zementwerk gefaßt, und die SPD-Deputierten unter ihrem Sprecher Weichelt standen Seite an Seite in der Großen Koalition gegen den Senator eben dieser Großen Koalition. Kommentar Hilker zum Abstimmungsergebnis: „Schön!“

Eher unschön ist, was in der Vorlage für die Sitzung steht: Wegen der Verzögerungen habe die KB seit Anfang 1995 Schadenersatz angemeldet, falls die Ansiedlung nicht zustandekommt. Mittlerweile seien die Kosten auf 25 Millionen Mark aufgelaufen.

Ob die am Ende auch bezahlt werden müssen, das bezweifelt Gerd Markus, Staatsrat im Hafenressort, allerdings schwer. Erstens habe die KB nicht nur ihre tatsächlichen Kosten auf dem zunächst zugesagten Gründstück, sondern auch „entgangenen Gewinn“ berechnet. Zu viel des Guten, findet Markus: „Nicht mit mir. Sollte es so weit kommen, dann sehen wir uns vor Gericht.“ Daß es nicht so weit kommt, dafür will er sorgen, und zwar mit einem neuen Standort, diesmal in der Nachbarschaft zum Kraftwerk Farge. „Ich habe jetzt zwei Jahre lang ein Grundstück gesucht. da höre ich doch nicht jetzt auf. Ich bin doch nicht besoffen!“ Schließlich würden 35 Millionen investiert und 40 bis 45 Arbeitsplätze geschaffen. Der Grüne Ralf Fücks hat dafür nur Spott übrig: „Wahrhaft ein Glanzstück bremischer Wirtschaftsförderung.“ J.G.

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