Das Portrait
: Provinzriese

■ Masahide Ota

Mit tropischen Blumenkränzen um den Hals wird Masahide Ota morgen seinen 72. Geburtstag feiern, um gleich darauf nach Washington zu jetten, wo er am Freitag mit dem amerikanischen Verteidigungsminister William Perry über den Abbau der US-Truppen auf seiner Heimatinsel Okinawa verhandelt. Ein japanischer Provinzgouverneur als Weltpolitiker? Wem diese Spezies bisher nicht bekannt war, wird von Masahide Ota eines Besseren belehrt.

Die größte Belohnung für mehr als 30 Jahre politischen Aktivismus aber heimste der Gouverneur von Japans kleinster und ärmster Präfektur am Sonntag ein: Da wählten die 910.000 stimmwilligen BürgerInnen Okinawas ein Inselparlament, das dem seit 1990 amtierenden Ota erstmals eine parlamentarische Mehrheit aus Sozialdemokraten und Kommunisten zur Seite stellt.

Es begann alles im Jahr 1969. Damals veröffentlichte Ota nur ein Jahr nach Annahme einer Soziologieprofessur auf Okinawa den Band „Die häßlichen Japaner“. Er selbst hatte als kaiserlicher Rekrut die grausame Schlacht zwischen amerikanischer und japanischer Armee erlebt, die im Frühjahr 1945 auf Okinawa über hunderttausend Leben forderte. Unter den Opfern befanden sich viele Zivilisten, die von den flüchtenden japanischen Truppen in den Selbstmord getrieben wurden – dies begründet für viele auf Okinawa bis heute den Haß auf Tokio, der sich mit der Abneigung gegenüber den Kolonisatoren aus Amerika (1945-1972) durchaus messen läßt.

Keiner aber versteht es besser, diese doppelte Skepsis gegenüber den Großmächten zu formulieren als Masahide Ota. Friedensgruppen und Bürgerinitiativen überredeten ihn, in die Politik zu gehen. Als Gouverneur kam seine Zeit, als im September vergangenen Jahres drei US-Soldaten auf Okinawa ein Schulmädchen vergewaltigten. Ota sorgte dafür, daß die Insel daraufhin die größte Demo ihrer Geschichte erlebte und es zwischen Tokio und Washington kein anderes Thema mehr gab als die US-Truppenstärke auf Okinawa. Bei seinem Japan-Besuch im Mai versprach US-Präsident Clinton, daß amerikanische Soldaten nur bleiben, wo sie erwünscht sind. Daraufhin reichte er Ota die Hand. Der hatte gerade einen Plan für die Abschaffung aller US- Basen auf Okinawa bis ins Jahr 2015 vorgelegt. Georg Blume