Suche Publikum, Talent vorhanden

■ Mit frischem Wind in Richtung Filmstadt: Das Filmbüro Bremen bekommt eine neue Geschäftsführung, die Filmförderung wird wiederbelebt – fehlen bloß noch die Zuschauer

Im Filmbüro herrscht Aufbruchstimmung. „Ein Keimling, der sich gut entwickelt“, so umschreibt Thomas Greh, eines von fünf Vorstandsmitgliedern des Filmbüros Bremen e.V., das zarte Pflänzchen Film in Bremen. 100.000 Mark an kultureller Filmförderung werden aller Voraussicht nach wieder neu aufgelegt, nachdem das Land seit 1993 keine müde Mark mehr an finanzieller Hilfestellung für Bremer Filmprojekte herausgerückt hatte. Außerdem soll eine kompetente Geschäftsführung dafür sorgen, daß der Keimling genügend Nährstoffe bekommt. Die Entscheidung über den neuen Mann oder die neue Frau fällt noch in dieser Woche.

Für den Posten wünscht sich der Verein eine Kraft, die in der Lage ist, „mit Gespür“ auch die anderen Initiativen im Medienzentrum ins Alltagsgeschäft einzubinden; die Erfahrungen in der Filmproduktion mitbringt und auch die nötigen Kontakte hat, Fördergeld zu aquirieren. Etwa 20 Bewerbungen aus ganz Deutschland sind eingegangen, wobei „die qualifizierteren nicht aus Bremen kommen“, sagt Thomas Greh.

Der Begriff „Geschäftsführer“ ist gleichwohl Auslegungssache; aber einen besseren Namen habe man für die koordinierende Funktion, die auch mal eine „dienende“ sein kann, nicht gefunden. Und in die zu fördernden Projekte hat sich der Geschäftsführer, so der Planungsstand, auch nicht einzumischen. Darüber wird ein unabhängiges Gremium entscheiden. Doch wie die 100.000 Mark – ein Tropfen auf den heißen Stein – verteilt werden, darüber wird im Filmbüro mit seinen 120 aktiven Mitgliedern noch verhandelt. Wird in einer Art Intendantenmodell, wie derzeit im Filmboard Berlin/Brandenburg der Fall, eine einzelne Person über zu fördernde Projekte entscheiden? Wird ein einzelnes Projekt mit einem Großteil der Summe beglückt oder lieber mehrere mit weniger Geld? Einig ist man sich nur, daß nicht nach dem Gießkannenprinzip gefördert werden soll.

Doch bevor die guten Nachrichten aus der Kulturbehörde drangen, mußte das Filmbüro Opfer bringen. Aufgrund der unsicheren Haushaltslage wurde erst Ruth Stegemann, bisherige Geschäftsführerin des Vereins, gekündigt. Das Filmfest Bremen wurde gestrichen, das Weiterbildungsangebot durch filmpraktische und -theoretische Seminare auch. Ein „ziemlich hartes Jahr“ sei es gewesen. Über Wasser hielt man sich durch die Film- und Videowerkstatt, wo JungfilmerInnen ihre Werke – gegen mäßiges Entgelt – schneiden und nachbearbeiten konnten. Und sich auch das nötige Equipment zum Filmemachen ausleihen konnten: von Video- und 16mm-Kameras über Tontechnik, Lichtkoffer und 20 Meter Schienen samt Dolly („älteres Baujahr“) für weiche Kamerafahrten ist alles da. Auch der Nachwuchs, der nachfragt. „Heftigen Nachwuchs“ will Jörg Streese, ebenfalls im Filmbüro-Vorstand, gar ausgemacht haben. Junge Talente, teils aus der Filmklasse der Hochschule für Künste, teils Leute, die sich im Offenen Kanal engagiert haben und nun mehr wollen. Die befürchtete Abwanderung junger Talente hält sich offenbar noch in Grenzen. Jedenfalls dem Augenschein nach. Denn formal mußten viele angehende FilmemacherInnen ihren Wohnsitz nach Hamburg verlegen, um in den Genuß der dortigen Filmförderung zu kommen.

Anja Telscher, Filmbüro-Mitarbeiterin, berät alle, die geblieben sind, bei der Projektentwicklung und der Wahl der künstlerischen und administrativen Mittel: Video- oder Filmmaterial, Förderinstitutionen, Antragstellung, etc.

Bloß: Wie kommen die No-Budget-Produktionen an ein Publikum? Bei den „Bremer Filmen im Herbst“ etwa, der Vorstellung neuer einheimischer Filme im Kommunalkino im vergangenen Jahr, ließen zahlende Gäste auf sich warten – die Filmemacher blieben unter sich. Daß die Bremer Produktionen „kein Publikum erreicht“ haben, gibt man auch im Filmbüro zu.

„Bremer Filmemacher haben es schwer“ und „Bremen ist eine Musikstadt, keine Filmstadt“, heißt es. Kein Grund für das Filmbüro, auf die Behörden einzudreschen. Carmen Emigholz (SPD) und Elisabeth Motschmann (CDU), kulturpolitische Sprecherinnen ihrer Fraktionen, hätten sich für das Filmbüro eingesetzt, dessen Etat den 1,1 Millionen Mark Subventionen für das Medienzentrum entnommen ist. 139.000 Mark plus Filmförderung plus 45.000 Mark aus dem Projektmitteltopf der Kultursenatorin stehen jetzt zur Verfügung – hoffentlich. Denn wenn heute abend der weiße Rauch über der Waller Heerstraße 46 aufsteigt, heißt das noch nicht definitiv, daß der oder die Geschäftsführerin auch seinen Job antreten kann. Über die Bewilligung der neuen Stelle wird dem Filmbüro vom Senat erst kommende Woche Mitteilung gemacht.

Alexander Musik