Scheißerei verstörte Politiker

■ Der Schülervertretung in NRW soll der Geldhahn zugedreht werden: Kinder auf Töpfchen beleidigten die Demokratie

Berlin (taz) – Das Plakat sollte antörnen. Acht daumenlutschende Kleinkinder sitzen auf ihren Töpfchen, vereint unter dem Spruch: „Wir scheißen auf eure Demokratie!“ Wochenlang hatte die Landesschülervertretung (LSV) von Nordrhein-Westfalen mit dem Plakat ihr „Demokratie-Camp“ beworben, das am vergangenen Wochenende in Wegberg bei Mönchengladbach stattfand. Das Plakat kam an. Vier Tage lang saßen 120 SchülerInnen zusammen und diskutierten über alternative Schulformen, Frauenprobleme und Sozialabbau.

Die Kosten für Camp und Werbematerial, so war es vereinbart, sollte Gabriele Behler, SPD-Schulministerin übernehmen. Nun ziert sich die Ministerin, die zugesagten 50.000 Mark zu überweisen. „Man kann kein Camp veranstalten und es sich von einer Demokratie finanzieren lassen, auf die man scheißt“, wetterte eine Sprecherin des Schulministeriums.

Andreas Seier von der LSV wundert sich über die anhaltende Aufregung. Das Motto stehe in direktem Zusammenhang mit dem Foto – nichts anderes hätten sie im Sinn gehabt. „Es sollte symbolisieren, daß uns die Mitspracherechte, die wir als Jugendliche in der deutschen Demokratie haben, nicht ausreichen.“

Auf den Topf gesetzt fühlt sich auch die CDU-Opposition. Das Plakat sei eine „dumme Hetzkampagne“, schimpft deren Generalsekretär Herbert Reul. Er will die Sache vom Landtag behandelt wissen. Dabei geht es ihm nicht nur um den einmaligen Zuschuß von 50.000 Mark. Derzeit verfügen die 3,6 Millionen SchülerInnen in NRW über einen Etat von 410.000 Mark, angebunden an den Haushalt der Schulministerin.

Bereits im April hatte Behler der LSV wegen einer anderen Sache eine förmliche Abmahnung geschickt. Nach den Ausschreitungen bei den Kurdenkrawallen hatte die LSV in einer Pressemitteilung den Polizeieinsatz als „undemokratisch und teilweise menschenrechtsverletzend“ bezeichnet. Reul gab gegenüber der taz auch zu, daß die CDU-Kritik auf das Demokratie-Camp-Plakat letztlich „die Rückantwort“ auf die PKK-freundliche Pressemitteilung sei. roga