Steuerberater sollen Abtreibungsquote belegen

■ Bayerns Sozialministerin will Abtreibungsärzte mit Hilfe der Steuer kontrollieren

München (taz) – Die bayerische Sozialministerin Barbara Stamm (CSU) hat ein erstes Zugeständnis beim bayerischen Sonderweg in Sachen Abtreibungsrecht angekündigt. Demnach sollen Ärzte, die ambulante Abtreibungen vornehmen, nicht mehr lückenlos und unter Mißachtung des Grundgesetzes vom bayerischen Staat überwacht werden.

Bisher wollte Stamms Ministerium erlauben, daß Beamte bei diesen Ärzten jederzeit „Gegenstände untersuchen, Proben entnehmen und Unterlagen einsehen“ dürfen. Daß damit das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung außer Kraft gesetzt wäre, sah ihr Gesetzentwurf explizit vor. Ziel des Paragraphen war die Überprüfung, ob Ärzte mehr als 25 Prozent ihrer Einnahmen durch Abtreibungen erwirtschaften. Dies soll nämlich nach dem Entwurf der Sozialministerin verboten sein.

Doch die geplante permanente Überwachung ging selbst dem bayerischen Senat, einer konservativ geprägten Kammer des Parlaments, zu weit. Nach Stamms Angaben schlug der Senat inzwischen einen anderen Weg zur Kontrolle der Ärzte vor. Danach soll es in Zukunft genügen, wenn ein Arzt sich von seinem Steuerberater oder einem Wirtschaftsprüfer eine Bescheinigung ausstellen läßt, daß er weniger als 25 Prozent seiner Einnahmen durch Abtreibungen erzielt. Heute will Stamm ihren Entwurf im Landtag in unveränderter Form einbringen. Details könnten noch vom Parlament geändert werden, sagte sie.

Gleichzeitig kündigte die CSU- Ministerin jedoch an, daß sie in allen anderen Punkten am bayerischen Sonderrecht festhalten will: Die 25-Prozent-Regelung hält sie für notwendig, um reine Abtreibungspraxen zu verhindern. In der Beratung müßten außerdem Gründe für eine Abtreibung genannt werden, „um die Hilfsmöglichkeiten für die schwangere Frau zu erhöhen“.

Die Bündnisgrünen im bayerischen Landtag haben inzwischen den Rücktritt von Barbara Stamm gefordert. Der SPD-Parteivorsitzende Oskar Lafontaine erklärte, der bayerische Vorstoß sei die Fortsetzung „eines rückwärts gewandten, ideologischen Feldzuges gegen Frauen“. Felix Berth