Pädagogen kampfbereit

■ Zwei Feinde aus der Politik gegen 1.200 Lehrer bei der Personalversammlung im Pier 2 in Gröpelingen

Ronald-Mike Neumeyer griff in die Vollen. „Warum kann diese Personalversammlung nicht in der unterrichtsfreien Zeit stattfinden“, rief der CDU-Fraktionsvorsitzende ins vollbesetzte Pier 2. Und: „Die Arbeitszeit von Lehrern ist doch 38,5 Stunden und nicht nur 28 Schulstunden.“ 1.200 Bremer Pädagogen pfiffen wie ungezogene Schüler. Sie waren gekommen, um sich vom Personalrat gegen die diskutierte Verlängerung der Lehrerarbeitszeit einschwören zu lassen.

Wie sein Kollege Christian Weber von der SPD-Fraktion hatte Neumeyer auf einen Teil der Bürgerschaftsdebatte verzichtet. Stattdessen kämpften die Großkoalitionäre im Pier 2 unterschiedlich entschieden für eine längere Lehrerarbeitszeit - ohne zu versäumen, die Pädagogen um pflegliche Behandlung ihrer Sprößlinge zu bitten, die nach den Ferien eingeschult werden.

Weber („Ich wäre selbst gerne Lehrer geworden, aber es gab keine Stellen“) verwies auf die im Vergleich zu anderen Bundesländern niedrigeren Pflichtstundenzahlen für Bremer Lehrer: „Als Sanierungsland müssen wir uns deshalb rechtfertigen“. Weber bot allen Lehrern noch einmal den Dialog an und forderte „Ruhe an den Schulen“.„Was sind die Sozialdemokraten doch nett“ hämte es aus dem Publikum.

Neumeyer dagegen war nicht nett. „Lehrer im Saarland arbeiten zweieinhalb Stunden mehr. Warum soll das für Bremer unzumutbar sein“ Der CDU-Mann machte deutlich, daß seine Partei nur der Koalitionsraison wegen an dem Kooperationsvertrag zwischen Senat und Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) festhalte, der eine Verlängerung der Lehrerarbeitszeit um eine Stunde bis 1998 verbietet. „Das ist für uns keine heilige Kuh“. Er sei nicht gegen Bildung. Immerhin habe die Koalition das 57-Millionen-Defizit des Bildungsressorts aus anderen Töpfen gestopft.

Für die Fraktionschefs („Christian-Mike Neuweber“) sehe er „als Pädagoge kein Mitleid, sondern professionelle Betreuung vor“, so Dieter Heilbronn von der Erwachsenenschule. Dann wurde er grundsätzlich: Es sei skandalös, daß Kapital weltweit herumvagabundiere und in Bremen kein Geld für neue Lehrer da sei.

„Obwohl man es mir nicht ansieht: Ich bin das Küken des Kollegiums“, sagte eine Lehrerin um die Vierzig. „Und das werde ich wohl auch noch 20 Jahre bleiben, wenn keine jungen Lehrer eingestellt werden“. Eine Kollegin beklagte die Belastungen des Jobs: „Man lebt doch in den Jahren mit einer harten Klasse nur in den Ferien“. Natürlich könnten die Politiker die Arbeitszeit erhöhen, so eine Grundschullehrerin. „Dann machen wir halt mit den Kindern ein paar sechste Stunden mehr. Nur sind die da nicht mehr gut drauf.“

Die Lehrer diskutierten auch den Vorschlag des grünen Bildungspolitikers Helmut Zachau. Nach seinem Arbeitszeitmodell soll jeder eine Stunde weniger unterrichten und entsprechend weniger Geld bekommen. Als Ausgleich sollten 240 Lehrerinnen für die Grund- und Sonderschule eingestellt werden. Das sei ein Akt der Solidarität mit der jüngeren Generation, ökonomisch sinnvoll und habe eine Menge an Moral, warb Zachau.

„Damit würden wir die Streichungsvorgaben des Senats akzeptieren und von unserer Forderung nach Neueinstellungen für jede freiwerdende Lehrerstelle abrücken“, so GEW-Vertreter Jürgen Burger. Landesvorstandssprecher Heiko Gosch sagte, die GEW werde über Arbeitszeitverkürzung weiter diskutieren. Es sei jedoch schwierig, Garantien für Neueinstellungen vertraglich festzusetzen. jof