■ Die Gurke des Tages
: Terry Venables

Nun ist es raus. Der englische Trainer ist doch schuld an jenem von der britischen Öffentlichkeit als Debakel empfundenen Unentschieden gegen die Schweiz im Eröffnungsspiel. Nicht wegen dümmlicher Taktik oder blödsinniger Auswechslungen, sondern wegen der Förderung des Alkoholkonsums in Fußballerkreisen.

„Ich bin froh, daß ich den Spielern die Möglichkeit gegeben habe, das eine oder andere Glas zu trinken“, verteidigte Terry Venables jene drei Akteure, die einen Wirbelsturm in der Boulevardpresse ausgelöst hatten, weil sie nach dem Schweiz-Spiel in einem Nachtklub erblickt worden waren. Nachdrücklich verwies er auf seine Erfahrungen beim FC Barcelona, wo ein Spieler – er wird doch wohl nicht Bernd Schuster gemeint haben? – „geschnitten wurde, weil er statt des üblichen Rotweins eine Cola zum Essen trank“. Des weiteren verwies er auf Recherchen seiner in der Getränkespionage tätigen Mitarbeiter: „Bei den Deutschen, den Italienern oder den Iren war das doch auch erlaubt.“

Ganz abgesehen davon, daß Angehörige aller erwähnten Völker nachweislich erheblich mehr Alkohol vertragen können als jeder Engländer, hätte sich Venables vorher lieber fachlichen Rat einholen sollen. Das „Institut für Alkohol- und Drogenstudien“ in London ermittelte immerhin nicht den Alkoholgenuß während der Geburtstagsfeier von Paul Gascoigne als Hauptursache für die eklatante Schlappheit der englischen Kicker in der Schlußphase des Eröffnungsmatches. Vielmehr sei dafür ein Jet-lag infolge idiotischer Terminplanung verantwortlich. Nur fünf Tage vor EM-Beginn war das englische Team von seiner Asienreise zurückgekehrt. 13 Stunden hatte der Rückflug von Hongkong gedauert. „Die Auswirkungen eines langen Fluges“, so Nick Heather, Direktor des Instituts, „können bis zu zwei Wochen andauern.“

Auf der anderen Seite jedoch stellte Dr. Richard Budgett, Berater des britischen Olympiateams, fest, „daß das regelmäßige Trinken von einem Liter Bier am Tag das Leistungsvermögen eines Fußballers zerstören kann“. Jene Mannschaften, die in den Wochen vor der EM keinen Alkohol getrunken haben, hätten die besten Chancen.

Das sind schlechte Nachrichten auch für das deutsche Team, dessen Pressesprecher auf Drängen der englischen Journalisten zugab, daß man bayrisches Weißbier dabeihabe, allerdings hinzufügte: „Es gibt ein bayrisches Gesetz, wonach Bier kein Alkohol ist.“ Das Reinheitsgebot kann er damit kaum gemeint haben, eher schon klingt es nach einem veritablen Gurkenrezept. Wohl bekomm's! Matti Lieske