Bis morgen?!?

■ Gefeierter Zimmermann: Siggi Hummers' Jubiläum und Abschied in der Ottenser Jugendhilfe Von Stefanie Winter

Siggi Hummers blutet. Nach zehn Jahren bei der Jugendhilfe, nach zehn Jahren in Ottensen hat er gestern noch einmal seinen Kopf hingehalten. Und das hat er nun davon: Einen dicken goldenen Ring im Ohr, noch mehr Geschenke, Blumen und Girlanden zum Dienstjubiläum. Der, der ihm das Ohrläppchen durchstochen hat, sagt Siggi gleichmütig, ist wahrscheinlich Anfänger gewesen. Siggi seinerseits hört auf.

Zimmermann ist er, 58 Jahre alt und einer, dem vieles ins Gesicht geschrieben steht. Nichts davon, was sich leicht lesen ließe. Und wenn er sagt, daß er mit vielem gerechnet habe, aber damit nicht – dann meint er nicht die Tatsache, daß er nun wieder arbeitslos sein wird. Sondern die Weise, wie „die jungen Leute“ von der Jugendhilfe ihn feiern. Am Tor zum Hinterhof – dort, wo der Verein seine Werkstätten hat – hängen Schilder: Siggi. Und ein Pfeil in Richtung Hof ist darauf. Das reicht.

Vor mehr als zehn Jahren hat die Jugendhilfe Ottensen klein angefangen, vor nicht weniger als zehn Jahren kam Siggi Hummers zu dem Verein. Damals diente die öffentlich finanzierte Maßnahme dazu, den arbeitslosen Zimmermann zu beschäftigen. Die Holzwerkstatt, in der er Anleiter wurde, verfügte lediglich über eine Handkreissäge und die gesamte Einrichtung über 15 Stellen für junge Erwachsene ohne Chance auf Arbeit und Ausbildung. Heute gibt es in den Ottenser Werkstätten zehn solcher Stellen mehr, aber einen – den einzigen – Siggi weniger. Er würde gern weiterarbeiten. Die Behörde allerdings ergreift andere Maßnahmen: Sie spart.

Die Leute von der Jugendhilfe haben Tische und Bänke aufgebaut in dem Innenhof, der irgendwann – wenn mal Zeit ist – zum Hinterhofdschungel werden soll. Siggi Hummers blickt in die Runde, als wäre alles schon üppig grün. Hochzeiten habe er mehrere erlebt und auch den Tod eines Kollegen. Einige Ehemalige haben ihre Kinder mitgebracht zu seinem Fest.

Zufrieden ist er mit seinen „eigentlich ungelernten“ Leuten, mit denen er Schulhöfe vom Asphalt befreit und komplette Häuser aus Holz errichtet hat. Gestern haben sie ihn groß gefeiert und beschenkt, ihm gratuliert und gedankt. Und ihm beiläufig tschüß gesagt – eben wie jemandem, den man am kommenden Tag höchstwahrscheinlich wiedersehen wird.