In der colafreien Zone

■ Akzeptiertes Nebeneinander zwischen Volkshochschule und Drogenszene: Der Schanzenhof wird fünf Jahre alt Von Heike Haarhoff

Am Anfang war das miefige Image der Volkshochschule. Verbunden mit der bangen Frage, ob die traditionelle Sprach- und Kochkurs-Klientel aus den gediegenen Elbvororten der Weg ins bunte Schanzenviertel nicht eher abschrecken würde. „Aber dann“, sagt Hans-Hermann Groppe, Leiter des VHS-Kulturbereichs, „haben wir uns doch entschlossen, mit den vielen Initiativen dieses außergewöhnliche Kommunikations-, Kultur- und Stadtteilzentrum Schanzenhof mitzugestalten.“

Das war vor fünf Jahren. Der Füllfeder-Hersteller „Montblanc“ hatte seine Produktionsstätten und Verwaltungsgebäude aus der Jahrhundertwende zwischen Schanzen- und Bartelsstraße aus Platzmangel geräumt. 5600 Quadratmeter in drei Häusern warteten auf Nutzung. Im Januar 1990 machte die städtische Hamburger Gesellschaft für Gewerbebauförderung (HaGG) Nägel mit Köpfen: Für knapp zwölf Millionen Mark ging das Areal in ihren Besitz über; die vier- bis siebengeschossigen Gebäude wurden restauriert und umgebaut.

Dann kamen die vielen Initiativen und Sportgruppen, ein alternatives Café und ein Kino, Reisebüro und Hotel, eine Drogen- und Aids-Beratungsstelle, Existenzgründer, JournalistInnen, Anwälte, HeilpraktikerInnen, Geschichtswerkstätten. Und gründeten den Verein Schanzenhof. „Bedingung war, daß man Stadtteilbezug hatte und nicht zu kommerziell war“, erinnert sich Serena Kahnert, die ein Atelier für Musik, Bewegung und Improvisation leitet. Die „Akzeptanz“ in einem dichtbesiedelten, zentral gelegenen Viertel mit vielen Schlechtverdienenden, MigrantInnen, StudentInnen und HausbesetzerInnen war sowieso vorhanden.

Im Gegensatz zu vielen Alternativ-Betrieben ist die Fluktuation der Projekte niedrig: „Der Zeitgeist der Gründungsphase ist zwar verloren“, so Groppe. Bei dem jetzigen „akzeptierten Nebeneinander der Gruppen, Spannungen inklusive“, gucke eben jeder so, „wie er die Kohle reinkriegt“. Denn zu „prallem Reichtum“ hat und wollte es hier niemand bringen. Im Café Schanzenstern wird eine Cola-Bestellung noch heute als imperialistisches Gehabe gewertet – und als Ausdruck passiven Widerstands grundsätzlich vergessen.

Auch die traditionellen monatlichen Plena werden als Relikt der politischen Phase gepflegt. Ansonsten bestimmt Pragmatismus die Arbeit: „Weil öffentliche Zuschüsse ständig gekürzt werden, kämpfen hier einige nur noch ums Überleben“, weiß Serena Kahnert. Und auch die Sorge, „daß das Viertel kippt“, beschäftigt die BetreiberInnen des Schanzenhofs zunehmend. Die Junkies wurden vom Hauptbahnhof an die Schanze vertrieben, der Stadtteil hat sich verändert. „Gegen unseren Willen mußten wir Alarmanlagen einbauen und Klos zuschließen“, sagt Groppe.

Einen Tag der offenen Tür wird es deshalb heute, am fünften Geburtstag des Schanzenhofs, nicht geben. Dafür ab 16 Uhr Live-Musik, Theater, Essen & Trinken in den Innenhöfen.