■ Kommentar
: Fit for Death

Mit den engsten FreundInnen über Tod zu reden, ist noch schwieriger als über Erbschaft oder Orgasmus. Das unweigerliche Ableben wird gemeinhin betrachtet, als handelte es sich um die seltsame Sitte eines exotischen Stammes in der Südsee. Krankheit oder Tod betrifft immer nur die anderen, im Zweifelsfall die Alten. Nicht nur mit Aids, auch mit anderen unheilbaren Krankheiten ist das oft anders. Die Leute sind jünger, und der Tod kommt nicht plötzlich. Es bleibt Zeit zum Abschiednehmen. Und zum Leben.

Zwar haben wir für Krankheit und Tod die medizinische Rundumversorgung geschaffen. Doch vor dem Tod kommt die Sehnsucht nach dem prallen Leben. Nicht Kreuzfahrten, Superparties oder Bungee-Jumping, sondern Alltag erleben scheint plötzlich so kostbar.

Einen Job zu haben, gehört unweigerlich dazu. In Zeiten, wo der Verteilungskampf um die knappe Ressource Arbeit voll entbrannt ist, scheint es noch schwieriger als sonst, gerade das für Kranke zu fordern: ein flexibles Teilzeitarbeitssystem für nur teil- oder zeitweise arbeitsfähige Menschen.

Manchem Kranken oder Sterbenden wäre aber auch schon geholfen, wenn die FreundInnen und Verwandten nicht getröstet werden müßten statt selbst zu trösten. Oder wenn keine pietätvolle Trauermine anläßlich eines Krankenbesuches aufgesetzt würde. Oder das Offensichtliche, der Tod, beim Gespräch nicht ausgespart würde. Warum nicht am Kneipentisch darüber reden dürfen, welche Lieblingssongs man gern auf seiner Trauerfeier gespielt hätte und welche Torte es anschließend geben soll? Lieber fit for death als verklemmt im Tabu. Silke Mertins