Mehr Demokratie wagen

■ Bremer Initative fordert Volksbegehren

Volksbegehren-Gesetzgebung

Wer in Bremen ein Volksbegehren starten will, hat es schwer. Er muß nicht nur 50.000 Unterschriften dafür sammeln, an seiner Initiative muß auch die Mehrheit aller Bremer Wahlberechtigten teilnehmen. Diese 50 Prozent-Hürde ist nach Ansicht des Bremer Zentralelternbeirats und der Vereinigung zur Förderung des Petitionsrechts viel zu hoch. „Die Volksbegehren-Gesetzgebung läuft in der Verfassungs wirklichkeit ins Leere“, meint Reinhard Bockhofer von der Petitionsvereinigung. Die Initatoren haben in sämtliche Länderverfassungen geguckt und festgestellt, daß Bremen von allen 16 Bundesländern die restriktivste Gesetzgebung für ein Volksbegehren hat. Ausgerechnet Bayern räumt seinen Bürgern das größte Mitspracherecht ein. „Das Volk tut seinen Willen durch Wahlen und Abstimmung kund. Mehrheit entscheidet“, heißt es in der Verfassung des Freistaates kurz und bündig, keine Rede von einer Mehrheitsbeteiligung der Wähler. So soll es nach dem Willen des Zentralelternbeirats und der Petitionsrechts-Vereinigung zukünftig auch im Stadtstaat sein. Nicht 50 Prozent aller Wahlberechtigten, sondern die Mehrheit der Wähler, die an dem Volksbegehren selbst teilnehmen, sollen über Erfolg oder Mißlingen der Initiative entscheiden.

Das bei dem Wagnis für mehr Demokratie demnächst über jede Ampel abgestimmt werden könnte, wie häufig polemisch eingewandt wird, befürchten die Initiatoren nicht. „Der Aufwand für ein Volksbegehren ist imens“, meint Marianne Isenberg vom Zentralelternbeirat, der seit geraumer Zeit versucht, mit eben einem solchen Begehren die Schulgesetzgebung zu verändern. Schon dies halte von einer solchen Aktion ab. Außerdem würden Parteien, Verbände und Bürgerschaft ohnehin auf Volksgesetzgebungsversuche dämpfend einwirken.

Statt Volksdemokratiechaos soll eine vereinfache Volksbegehren-Gesetzgebung vielmehr die Bremer aus der politischen Apathie holen und der Politik selbst Beine machen. Wenn die Politiker, so Marianne Isenberg, durch ein Volksbegehren unter Druck geraten, seien sie entweder gezwungen, im Vorfeld Kompromisse anzubieten oder mit alternativen Gesetzesvorschlägen zu reagieren. Der Vorstoß der beiden Vereine kommt nicht von ungefähr. Die Bürgerschaft hat in diesem Jahr einen Ausschuß für „Verfassungs- und Parlamentsreform“ eingesetzt, der bis Mitte Dezember einen ersten Bericht vorlegen soll. Bei den Parteien ist wegen der Idee für mehr Volksdemokratie schon vorgefühlt worden. Zwar sei bei allen Parteien für das „Thema Sensibilität da“, meint Marianne Isenberg, aber: „Es gibt ein unheimliches Festhalten an der Macht.“ wik