■ Kohl und die Ministerpräsidenten einigen sich über Bafög
: Einstieg in die Verzinsung?

Die Bafög-Blockade ist durchbrochen. Kanzler und Ministerpräsidenten haben sich geeinigt, daß die Bafög-Anpassungen nicht im Vermittlungsausschuß vermodern. Das ist schon mal was. Auf der einen Seite hat Helmut Kohl dabei seinen Zukunftsminister Jürgen Rüttgers zurückgepfiffen, der mit einer besonders intelligenten Variante der Hochschulfinanzierung die Länder verprellt hatte: Ausgerechnet die Gemeinde der Bafög-Bezieher, eine sozial schwache Minderheit, sollte über Zinsen den Bau weiterer Elfenbeintürme subventionieren. Das ist, erst einmal, vom Tisch. Auf der anderen Seite berücksichtigten die Ministerpräsidenten – was selten genug vorkommt – die Vorschläge ihrer Kultusminister. Und die kann man nicht anders als aufsehenerregend bezeichnen.

Das Drei-Körbe-Modell soll, wie es gewunden heißt, „Verteilungsgerechtigkeit unter allen Studierenden herstellen“. Damit liegt eine grundlegende Reform der Studienförderung auf dem Tisch, die allen Studenten zugute kommen soll. Ab 1998 hätte demnach jeder zur Finanzierung seines Studiums Zugriff auf drei Körbe: auf einen festen Grundbetrag, auf ein zinsfreies Darlehen und, für die Nachzügler, auf einen Überziehungskredit. Soweit die Zukunftsmusik.

Der Pferdefuß der Einigung zwischen Kohl und den Länderfürsten ist, daß sie das zinsfreie Bafög auf neun Semester begrenzt haben. Da kommt Rüttgers' merkwürdiger Leistungsbegriff wieder durch. Als könnten die Studenten, nur weil der Staat ihnen finanzielle Daumenschrauben anlegt, mal eben schneller studieren. Das spricht allen empirischen Erhebungen Hohn. Die nämlich verraten, daß es trotz Bafög kaum mehr möglich ist, ein Studium in der Regelstudienzeit abzuschließen: zu wenige Dozenten, schlechte Betreuung, überreglementierte Studiengänge. Etliche Unikarrieren knicken an der Stelle ab, wo den Studenten die Staatsknete ausgeht. Das geschieht oft genug in der Examensphase und ist nicht die Schuld der Studenten. Daher hatte man ja die sogenannte Abschlußförderung eingeführt, die den Bafög-Bezug exakt bis zu dem Tag verlängert, an dem man das Diplom in Händen hält – ein segensreiches Modell.

Das Signal des Bafög-Kompromisses bleibt sirenenhaft. Können sich Bund und Länder bei der anstehenden Reform ihrer Finanzbeziehungen wie erwartet nicht einigen, dann gilt Rüttgers' Resümee für den Bafög-Kompromiß: Er bedeutet den Einstieg in eine leistungsorientierte Verzinsung. Christian Füller