Amt spielt Schmuddelkindern übel mit

■ 135.000 Mark verschleudert? Jugendamt steigt aus Tagesstätten-Projekt aus Von Stefanie Winter

Der Verein Schmuddelkinder betreibt seit mehr als zehn Jahren ein Babyhaus, seit eineinhalb Jahren einen Kindergarten und demnächst – anders als geplant – wohl doch keine Kindertagesstätte in der Thadenstraße. Das Amt für Jugend (AfJ) zog sich nach dreijähriger Planung aus dem Projekt zurück. Begründung: zu teuer, kein Bedarf mehr. 135.000 öffentliche Mark wurden bislang in die werdende Kita gesteckt.

Das ehemalige Gewerbegebäude in einem Hinterhof hat der Verein bereits im Juli vergangenen Jahres und auf Drängen des Amtes angemietet, berichtet Schmuddelkinder-Mitarbeiter Willy Laudehr. Die monatliche Miete beläuft sich auf 4900 Mark; ein Mietvertrag mit 15jähriger Laufzeit wurde unterschrieben. Das Konzept für eine Kindertagesstätte mit rund 50 „bitter benötigten“ Plätzen stammt vom Trägerverein, den finanziell „größten Brocken“ habe sich das AfJ bereit erklärt zu tragen. Nach Berechnungen eines vom Verein beauftragten Architekten sollte der Umbau rund 890.000 Mark kosten. Die Baubehörde prüfte, machte Abstriche im Konzept und kam auf Gesamtkosten von knapp 760.000 Mark.

Das sei an der Schmerzgrenze gewesen, erklärt Jürgen Näther, Abteilungleiter beim Jugendamt. Überschritten sei die Grenze nun durch die Kosten, die sich – nach erfolgter Ausschreibung – tatsächlich ergeben würden: 1,1 Millionen.

Der Bedarf an Kindertagesplätzen werde im Bezirk darüber hinaus „vergleichsweise gut“ und „deutlich besser“ gedeckt als zu Beginn der Projektplanung vor drei Jahren. Ein nachfragegerechtes Angebot an Ganztagesplätzen, räumt Näther ein, werde es allerdings auch im kommenden Jahr nicht geben.

51 Möglichkeiten zur ganztägigen Kinderbetreuung wollte das Schmuddelkinder-Projekt anbieten. Mit den aus Kostengründen weiter verbreiteten Halbtagsplätzen, meint Laudehr, könne in einem Stadtteil wie Altona niemand etwas anfangen. „Bei dieser Sozialstruktur greift das daneben.“ Bestehende Halbtagsplätze würden zum Teil überhaupt nicht genutzt.

Vordringlich aber sorgt sich der Trägerverein nun, den langfristigen Mietvertrag nicht ohne weiteres und vor allem ohne weitere Kosten kündigen zu können. Möglicherweise sei die Verwirklichung des Projekts letztlich kaum teurer, als es zum jetzigen Zeitpunkt „einzuschläfern“, vermutet Laudehr. Mit dem Mietvertrag seien Umbauzusagen verbunden; der Vermieter werde wahrscheinlich eine Entschädigung verlangen. Näther hingegen geht davon aus, daß der Verein einen „vernünftigen“ Mietvertrag unterschrieben hat – in den auch ein Nachmieter eintreten würde. Man wolle die Leute aber nicht im Regen stehen lassen, bereits entstandene Kosten werde die Behörde tragen.