Bündnis für Bewerbungsschreiben

■ Arbeitssenatorin kann den 200 Arbeitern des Neuköllner Kabelwerkes Alcatel mit ihrem "kleinen Bündnis für Arbeit" nur Beratung, aber keine Jobs bieten

In Neukölln wird morgen die letzte Trommel Stromkabel aufgezogen: Alcatel, der weltgrößte Strippenproduzent, macht das Berliner Kabelwerk bis Ende des Jahres dicht. 200 weitere Industriearbeitsplätze verschwinden damit in Neukölln. Die scharfe Kritik der Belegschaft am französischen Kabelgiganten Alcatel färbt nun auf die Berliner Arbeitsverwaltung ab: Arbeitssenatorin Christine Bergmann (SPD) spiele die publizistische Begleitmusik zur vermeidbaren Jobvernichtung. „Die machen hier einen Riesentrubel“, kommentierte Betriebsrat Klaus-Dieter Wagner, „aber es wird kein einziger Arbeitsplatz geschaffen.“

Die Arbeitssenatorin hatte für gestern die Presse in das halbverlassene Werk eingeladen, um der Öffentlichkeit ein „kleines Bündnis für Arbeit“ kundzutun: In der Lahnstraße wird den perspektivlosen Kabelwerkern beigebracht, wie man Bewerbungsschreiben anfertigt und welche Umschulung sie am besten besuchen sollten. Zwei Drittel der Beschäftigten hat die vom Berliner Arbeitsressort subventionierte Servicegesellschaft „gsub“ auf diese Weise ins Gebet genommen. Vermittelt wurden indes nur zehn. „Die Alternative ist: wir machen gar nüscht“, konterte Christine Bergmann den Vorwurf. „Mir geht es um die ArbeitnehmerInnen“, sagte die Arbeitssenatorin. Sie betonte, daß sie erst dann aktiv geworden sei, als die Werkschließung festgestanden habe und nicht etwa die Abwicklung betrieben habe.

Beschäftigte verwiesen gestern darauf, „daß das Berliner Alcatel- Werk das produktivste in Deutschland“ sei. Betriebsrat Wagner: „Alcatel ist scharf auf die Immobilie, deswegen machen die die Produktion hier kaputt.“ Die Manager des „französischen Siemens“ blieben blaß bei diesen Vorwürfen. Werkleiter Hans Görtz gestand ein, daß die Produktion in der Lahnstraße keineswegs kostenträchtig gewesen sei. „Im Gegenteil, da waren wir besser als das Budget uns zugestand.“

Im kleinen hat die arbeitspolitische Initiative der Servicegesellschaft durchaus Erfolge vorzuweisen. Mitglieder der Belegschaft berichteten, daß vor allem die älteren Kollegen von der Bewerbungsberatung profitiert hätten. „Wenn man 30 Jahre in der Firma ist, tut es gut, wenn jemand über den Arbeitsmarkt aufklärt“, sagte Arbeiter Siegfried Keil, den die Arbeitsberatung „motiviert“ hat.

Die Idee der Initiative von gsub und Christine Bergmann heißt für die Beschäftigten: Nicht darauf warten, bis die Arbeitslosigkeit da ist, sondern sich schon vorher umhören, fortbilden, bewerben. Im Pressematerial heißt das: Outplacement. cif