„Die Armee kämpft gegen Völkermord“

■ Burundis Premierminister Antoine Nduwayo lehnt Verhandlungen ab

Antoine Nduwayo ist seit Februar 1995 Premierminister von Burundi und damit der ranghöchste Tutsi-Politiker des Landes. Die taz sprach mit ihm in Brüssel, wo er letzte Woche auf dem Weg zu Gesprächen mit UN-Generalsekretär Butros Ghali am Rande der zu Ende gehenden UN-Städtekonferenz „Habitat II“ Station machte.

taz: Wie würden Sie die Lage in Burundi beschreiben?

Antoine Nduwayo: Die Rebellen vermeiden Zusammenstöße mit der Armee. Sie greifen die schutzlose Zivilbevölkerung an, wie die Familie meines Onkels, die völlig dezimiert worden ist. Jedesmal gibt es Dutzende Tote. Sie attackieren auch die Infrastruktur.

Ist die Armee nicht in der Lage, die Bevölkerung zu schützen?

Die Leute leben im ganzen Land verstreut. Man kann nicht jeden Hof schützen. Aber wir haben den Ausweg der „solidarischen Zivilverteidigung“ gefunden.

Der Führer Ihrer Partei, Charles Mukasi, will Studenten und Beamte in den Kampf gegen die Rebellen schicken. Meinen Sie das mit Zivilverteidigung?

Nein. Mukasi sagt, daß man mehr Soldaten einberufen muß, wenn die Rebellen zu zahlreich werden. Aber wir wollen nicht Waffen an die Bevölkerung verteilen. Wir wollen, daß sich Hutu und Tutsi zusammen im Rahmen von Sicherheitskomitees verteidigen. Die Bevölkerung soll sich abends zusammenfinden. Die Kinder und Frauen gehen schlafen, die Männer passen auf und können die Armee mit Trommeln oder anderen konventionellen Mitteln alarmieren. Damit können die Sicherheitskräfte mit derselben Stärke mehr Leute schützen.

Es gibt Berichte, wonach auch die Armee Massaker begeht.

Die burundische Armee verfügt über die Mittel, Massaker zu begehen. Aber sie tut es nicht. Man darf nicht auf die Propaganda von Leuten hören, die morden und dann die Armee beschuldigen.

Sind Sie bereit, sich mit dem Hutu-Rebellenführer Leonard Nyangoma zusammenzusetzen?

Wie kann man sich mit jemandem zusammensetzen, dessen Ideologie darin besteht, Andersdenkende oder Angehörige einer anderen Ethnie auszulöschen? In Europa hat man gegen den Faschismus gekämpft. Die Haltung des Westens im Falle Burundi überrascht mich. Wenn man ihm erklärt, daß bei uns Leute die Ideologie des Völkermords verbreiten, sagt er: Verhandelt trotzdem! Wir müssen daraus schließen, daß es eine internationale Verschwörung gegen ethnische und politische Minderheiten gibt. Man kann uns doch nicht sagen: Verständigt euch, was auch immer die Folgen sind, auch wenn eine Minderheit verschwinden muß!

Werden Sie das auch UN-Generalsekretär Butros Ghali sagen?

Absolut, und ich werde ihn auch auf seine Interventionspläne ansprechen. Wie will er denn intervenieren? Gegen wen, für wen? Die UNO will einen Völkermord verhindern. Wir sagen: Wenn ihr wißt, wer ihn vorbereitet, neutralisiert ihn! Nyangoma will Völkermord, die Armee widersetzt sich. Auch bei einer internationalen Intervention könnte sich die Armee widersetzen. Interview: François Misser