Wahlschlappe für Rumäniens Präsidenten

■ Ausgang der Bukarester Bürgermeisterwahl stärkt die demokratische Opposition

Wien (taz) – Der rumänische Extennisstar Ilie Nastase hat die Stichwahl um das Amt des Oberbürgermeisters in der rumänischen Hauptstadt Bukarest am Sonntag verloren. Er erhielt 43,7 Prozent der Stimmen, der Oppositionskandidat Victor Ciorbea 56,7 Prozent. Für die regierenden Sozialisten von Staatschef Ion Iliescu ist dies eine deutliche Schlappe. Denn auch in den einzelnen Stadtteilen gewannen mit wenigen Ausnahmen die Kandidaten des Oppositionsbündnisses. Aus zahlreichen Gemeinden wurde gestern ein ähnlicher Trend gemeldet.

Damit markieren die Kommunalwahlen erstmals seit dem Sturz des kommunistischen Diktators Nicolae Ceaușescu vor sechseinhalb Jahren eine politische Kräfteverschiebung zugunsten des Demokratischen Konvent und der Demokratischen Partei Rumäniens. Präsident Iliescu muß nun befürchten, daß seine Partei bei den kommenden Parlamentswahlen am 3. November unterliegt und er möglicherweise sein Amt an einen Demokraten abgeben muß.

Der einstige Zögling Ceaușescus, der es in den siebziger Jahren kurzzeitig sogar zum Jugendminister und Chefideologen der KP brachte, ist jedoch gewieft. Die Machtfülle des rumänischen Präsidenten ist in Osteuropa fast nur noch mit der des russischen Präsidenten zu vergleichen. Iliescu kann fast jede Entscheidung des Parlaments überstimmen, Gesetze erlassen und Minister und Bürgermeister abberufen.

Seit den ersten Kommunalwahlen im Herbst 1992 verweigerte Iliescu in mindestens 129 Fällen die Ernennung von Wahlsiegern zum Bürgermeister oder Landkreisvorsitzenden. So hätte Iliescu die Möglichkeit, Tennisidol Nastase noch zum Oberbürgermeister von Bukarest zu küren. Doch manches spricht dafür, daß Iliescu diesmal den Sieger gewähren lassen wird. Der Präsident setzt vielmehr darauf, daß sich das konfuse Parteiensammelsurium der Demokraten bis zu den Parlamentswahlen im Herbst spalten wird und er dann mit Hilfe einiger Splittergruppen weiterhin regieren kann. Deshalb verfügte Iliescu vor kurzem, die Fünfprozentklausel zum Einzug einer Partei ins Parlament durch eine Dreiprozentklausel zu ersetzen. Karl Gersuny