: Von Pragmatikern und Hardlinern
Die Schlüsselpositionen in der neuen israelischen Regierung bleiben in der Hand des Likud. Ariel Scharon ist für den Siedlungsbau in den besetzten palästinensischen Gebieten zuständig ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin
Heute wird in Jerusalem die neue israelische Regierung vorgestellt. Bis zuletzt wurde hinter den Kulissen um die Ämterverteilung gerungen. Ursprünglich hatte Wahlsieger Benjamin Netanjahu seine Regierung schon gestern vorstellen wollen. Doch Netanjahus Entscheid, aus Rücksicht auf die Koalitionsarithmetik Ministerkandidaten aus dem eigenen Likud- Block nicht angemessen zu berücksichtigen, hatte in der Likud- Führung einen Sturm der Entrüstung und neue Verhandlungen ausgelöst. Auf der konstituierenden Parlamentssitzung unter Leitung von Alterspräsident Schimon Peres konnten deshalb gestern nur die Parlamentarier, nicht aber die Minister den Amtseid ablegen.
Trotz einiger Unklarheiten zeichnete sich gestern folgende Ressortverteilung ab: Außenminister und erster stellvertretender Ministerpräsidenten wird David Levi (Gesher-Partei). Ex-General Jitzhak Mordechai (Likud) wird Verteidigungsminister. Dan Meridor (Likud), Justizminister unter Jitzhak Schamir, erhält das einflußreiche Finanzressort. Ariel Scharon (Likud) wird das begehrte Bauministerium und damit auch die Zuständigkeit für den Siedlungsbau in den besetzten Gebieten zugesprochen. Scharons General und Stabschef im Libanonkrieg 1982, Rafael Eitan, wird voraussichtlich Landwirtschaftsminister.
Der neue Justizminister heißt Jakov Ne'man. Der Rechtsanwalt ist nicht Abgeordneter. Er war Sozius in der Kanzlei des Ex-Staatspräsidenten Chaim Herzog. Das Ministerium für innere Sicherheit geht mit großer Wahrscheinlichkeit an den Vertreter des „3. Wegs“, Avigdor Kahalani, der als Interessenverteter der Siedler auf dem Golan auftritt. Unklar blieb gestern noch, ob Nathan Scharanski, Chef der Einwanderer-Partei, das Ministerium zur Eingliederung der Neueinwanderer zusammen mit dem von ihm geforderten Industrie- und Handelsministerium bekommt. Die drei religiösen Parteien stritten ebenfalls noch darum, wer den ersten Religionsminister stellen darf. Dieser Posten soll „rotieren“, damit alle religiösen Parteien einmal Zugriff auf das Ministerium und die bereitstehenden Pfründen haben.
Der Chef der Nationalreligiösen Partei, Zvulun Hammer, wird Minister für Erziehung, Kultur und Kunst; sein Parteikollege Jitzhak Levi übernimmt das Ministerium für Transport und Energie. Abgeordneten der orthodox-religiösen Schas-Partei soll die Leitung des Innenministeriums sowie des Arbeits- und Sozialministeriums anvertraut werden.
Die Schlüsselpositionen (Außenpolitik, Sicherheit und Finanzen) verbleiben in der Hand des Likud-Blocks. Diese Positionen wurden eben nicht mit den „wilden Männern“ des Likud besetzt, sondern mit ausgewiesen Pragmatikern. Netanjahu hofft, damit mögliche Mißstimmigkeiten vor seinem ersten Treffen mit der US-Regierung und angesichts des bevorstehenden arabischen Gipfels abmildern zu können.
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