Konkurrenz schadet dem Geschäft

■ Anders als dem Bürgerbüro droht den „Opferverbänden“ finanziell das Ende. Ein Stiftungsmodell ist letzte Hoffnung

Berlin (taz) – Am langen Tisch der einstigen Geheimdienstkantine saß das neu gegründete Bürgerbüro gestern zwar nicht. Doch es beherrschte die Köpfe der angereisten Konferenzteilnehmer. Zehn unabhängige Initiativen zur Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit waren der Einladung der Bonner „Enquetekommission zur Überwindung der Folgen der SED-Diktatur“ ins ehemalige Stasihauptquartier gefolgt. Etwa das Berliner „Bürgerkomitee 15. Januar“, die Jenaer Geschichtswerkstatt oder die Vereine der Stasiauflöser aus Leipzig und Sachsen-Anhalt. Geeint im Mangel beklagten sie, was der Konkurrenz vom Bürgerbüro wohl anfänglich erspart bleibt: Die Kürzung der Zuschüsse, das Auslaufen der ABM- Stellen, der zunehmende Bedeutungsverlust.

Nahezu allen der 67 Initiativen droht nach einer Umfrage der Enquetekommission mit dem Auslaufen der Arbeitsförderungsmaßnahmen noch in diesem Jahr das Aus. Die Dokumentationszentren können dann nicht fortgeführt, die Gedenkstätten wie etwa die Untersuchungshaftanstalten des MfS nicht betreut und die Erinnerungen der verbleibenden Zeitzeugen nicht mehr aufgezeichnet werden. Mit dem Ende der ABM drohen auch die daran gekoppelten Gelder für Sachmittel wegzufallen. Zwar zeigt sich die Enquetekommission bemüht, den Initiativen eine politische Plattform für deren Forderungen zur Verfügung zu stellen – die sogenannten „Opferverbände“ eint aber auch die Erfahrung, daß sich die Bekenntnisse der Politiker bislang nicht als bare Münze ausgezahlt haben.

Eine institutionelle Absicherung der Initiativen wird deshalb auch von der Enquetekommission erwogen. Im Gespräch ist die Gründung einer Stiftung. Diese soll nicht nur die Gelder für die weitere Arbeit sichern. Ihr käme auch die Aufgabe zu, die teilweise doch sehr verschiedenen Gruppen und Vereine zu koordinieren. Es ist der Wunsch nach einem einflußreichen Lobbyisten – doch diesen Traum hat das gerade gegründete „Bürgerbüro“ mit Helmut Kohl besetzt. Wolfgang Gast