Der abwesende Helmut stellt die aufrechte Bärbel in seinen Schatten

■ Mit warmen Worten begrüßt der Kanzler die Gründung des umstrittenen „Bürgervereins“, der DDR-Opfern helfen will

Berlin (taz) – Viele Monate wurde darüber geredet, jetzt ist er da: der Verein „Bürgerbüro e. V.“. Symbolträchtig am 17. Juni trafen sich gestern Bärbel Bohley und andere Aufrechte aus der Bürgerbewegung der DDR mit ihren Freunden von der CDU. Bevor sie den Verein aber öffentlich präsentierten, saßen sie im Preußischen Landtag im Zimmer 330 beieinander. Uwe Lehmann-Brauns hatte in den Fraktionsraum seiner Partei gebeten, um dem Verein eine Satzung zu geben.

In der Präambel heißt es: „Staat und Einheitspartei der DDR-Diktatur sind zusammengebrochen. Der Ungeist zweier totalitärer Systeme lebt aber weiter in den Köpfen vieler Menschen fort. Als Diktatur der Lüge ist er noch lebendig, häufig im Dienst von rein privaten, oft finanziellen Interessen.“ Dann ging es ein paar Schritte hinüber in den Martin-Gropius-Bau. Blitzlichter und Mikrophone dutzendweise. Bärbel Bohley mußte sich an die Zeit der Wende erinnert fühlen, ob der vielen Aufmerksamkeit für einen Verein, der trotz Kanzlerbeistand ein Flop zu werden droht, wie Kritiker meinen.

Der Kanzler ließ seine Grüße verlesen. Er wolle nicht versäumen, „nachdrücklich den tapferen Männern und Frauen“ für ihren „Einsatz“ zu danken. Er werde es sich nicht nehmen lassen, „Unrecht beim Namen zu nennen und der neuen Macht alter Kader entgegenzuwirken“. Helmut Kohl zahlt wie Jürgen Fuchs, Wolf Biermann, Christa Nickels, Ignatz Bubis, Cornelia Schmalz-Jakobsen, Wolfgang Klose und andere 120 Mark Mitgliedsbeitrag im Jahr.

Der hochkarätige Zusammenschluß hat sich nur ein Ziel gesetzt. Denen zu helfen, die „durch die Willkürakte der DDR fortdauernd geschädigt sind“. Das Bürgerbüro will vor allem juristische Hilfe geben. Die Opfer von damals würden oft schon bei der Suche nach Anwälten scheitern, sagte Bärbel Bohley.

Den Vorwurf, der Promiverein untergrabe vielleicht die Arbeit anderer Organisationen, die für das gleiche Ziel kämpfen, parierte Bohley mit einem launigen Politikerstatement: „Mit Vorwürfen lebe ich schon seit vielen Jahren. Unser Anliegen kann von anderen Organisationen mitgetragen werden.“ Und Christa Nickels, Bundestagsabgeordnete der Grünen, meinte, es könne gar nicht genügend Vereine geben, die sich der Sache der Opfer annehmen. Vorläufig allerdings wird das Bürgerbüro keine feste Adresse aufweisen. Noch nimmt Angelika Barbe die Post unter der Anschrift Kerbelweg 22, 12357 Berlin, entgegen. Erst wenn die Vorsitzende Bärbel Bohley im September von ihrer Sarajevoreise zurückkommt, wird die konkrete Arbeit aufgenommen. Annette Rogalla