Schleuder der Worte

■ Bruno Jonas absurd auf Kampnagel

Seit 40 Jahren unbemerkt, war er ein verkappter Rocker. Dann hat er's erkannt – und sich eine Harley gekauft. „Schod drum, daß er si dann obilegt hat. Sakra di, bled gegangen“. Das Leben hat halt eine hohe Betriebsgefahr. Klinisch tot auf der Straße liegt da ein namenloser Staatsanwalt, der Protagonist in Bruno Jonas kabarettistischem Entertainment-Theater. Er ist selber schuld, weil er „um zehn bis 20 Stundenkilometer unter der zulässigen Höchstgeschwindigkeit“ blieb. In Jonas' fünften Soloprogramm Hin und Zurück sucht der nunmehr astral-ätherische Justitiar vor dem ewigen Licht verzweifelt nach Gründen zum Weiterleben. Sein Leben zieht in Dias an ihm vorbei und sie bringen es an den Tag: er hat sich in seinem Leben schicksalshaft betrogen.

Jonas schnellte über seine Texte hinweg, keuchte, hielt inne und drückte dem lachwilligen Publikum die Daumen. Tatsächlich war es teilweise fei arg seinem Soziolekt zu folgen, aber gewitzt wie er ist, untertitelte er seine Texte an besonders greußlichen Stellen hochdeutsch. Das ist Programm, weiß er doch, daß ein Spiel mit Dialekten Lacher impliziert. Der Wahl-Münchner, neuerdings erstaunlich fernsehshowfrei, hatte 1991 mit dem Soloprogramm „Wirklich wahr“ ein anderes Lachsäckl auf Kampnagel abgestellt. Frenetischen Beifall gab es auch dieses Jahr. Nach beinahe drei Stunden Gaudi und gar Gesang wieder an der Luft, hatten sich nicht nur die Lachmuskeln angestrengt zusammengezogen. Auch der Kopf rauchte angesichts der Wortschleuder, die sich Bruno Jonas nennt. Er war nicht zynisch, er war stechend komödiantisch. Er war nicht bösartig, er war humorvoll. In Hin und zurück zeigte er sich originär nicht realsatirisch-politisch, wenn er auch mit Vorliebe bayerische Politiker verhohnepipelt. Vielmehr seziert der 44jährige Alltag, parodiert Jugenderfahrungen, Ehekrachs und andere individuelle Schuldgefühle. Der charmante Quassler hetzte vom Geschichtenerzählen zum Philosophieren und forderte nebenbei die anale Großzügigkeit, die Welt endlich Arsch sein zu lassen. Bis zur Absurdität verschraubte Alltagserfahrungen evozierten in seinen Sketchen Déjà vus. Jonas ist ein hervorragender Schauspieler, der es neben vielem versteht, persönliche und moralgeschwellte Logik in ihrer Absurdität fein spöttelnd zu enttarnen. Auf dem Weg nach Haus wurden die noch erinnerten Witzfetzen unter Lachen gelüftet bis gar nichts mehr ging und das Zwerchfell streikte. bkf