: Im Wettbewerb der Kurzen
■ In der Markthalle wird das 12. Internationale Kurzfilmfestival eröffnet
Man kennt sich. Anders als bei den Festivals für die Großen rückt man am Kindertisch zusammen. Je nach Funktion und persönlichem Bedürfnishaushalt treten Macher und Interessierte entweder an, Distinktionsgewinne aus der nicht-etablierten Kultur zu ziehen oder dieselbe im Medienmarkt zu positionieren. Das schweißt zusammen und macht die vertraute Atmosphäre des Kurzfilmfestivals aus, dessen 12. Auflage heute in der Markthalle startet.
Mit Alabama und Zeise wurden dieses Jahr zwei weitere Abspielstätten hinzugewonnen, das Docks als Gastgeber der Preisverleihungen ist aus Finanzgründen weggefallen. Wie alle hiesigen Kulturschaffenden klagen auch die Macher des Kurzfilmfestivals über Finanzlücken, die den Kürzungen des Senats geschuldet sind, fangen diese aber umtriebig mit Sponsorengeldern aus der freien Wirtschaft auf. Man lernt sich langsam kennen, eben.
Auch unter den 250 Filmen gibt es alte Bekannte. Die überraschende Mordphantasie Surprise von Veit Helmer oder die campige Gesangseinlage in M.A. Numminen Goes Tech-No, beide im Eröffnungsprogramm, tauchten bereits in den Hamburger Programmkinos auf. Um die im letzten Jahr gefeierte Komik von Leming Aid und The Lounge Bar wurde ferner ein üppiges „Neuseeland-Spezial“ eingeführt.
Hier ist auch die 8minütige Studie Stroke zu sehen. Darin sucht die ältliche Dorothy samt blumiger Badekappe Entspannung im Pool. Doch gestählte Männerkörper drehen unbarmherzig ihre Bahnen, bis Dorothy panisch flüchtet. In stilisierten Farbflächen bildet der dialogfreie Geschlechterkampf ähnlich wie Brooms (Szenenfoto) - der in staubfreien Bildern der Percussiongruppe Stomp Raum gibt, das Straßenfegen zu rhythmisieren -aber nur ein Extrem des Festivals.
Auf der anderen Seite geht es auch dieses Jahr trashig her. The New York Marathon, der im No-Budget-Programm läuft, zeigt die Übergabe eines prächtigen Dildos in den Straßen von New York, der schlußendlich in den After eines ekstatisch tanzenden Japaners gelangt. Oder etwa The Seclet of the Tlompet (Szenenfoto), der im Wettbewerb läuft und nicht nur wegen der feixigen Mißachtung der Orthographie gute Aussichten auf den Publikumspreis haben wird. In dem 18-Minuten-Gaga von Javier Fesser, wird die fragmentarische Filmhandlung fortwährend von einer Produzentenpuppe unterbrochen, die Gelder für die nächste Szene streicht.
Die Jury, die sich traditionell gepflegterer Filmkunst zuwendet, wird wohl die drei Beiträge des Engländers Jamie Thraves bedenken, der in einer lakonischen Filmsprache unmotivierte Lachanfälle seiner Generation zeigt.
Volker Marquardt
Eröffnungsprogramm: heute, 20 Uhr / Internationaler Wettbewerb 1: ab 22 Uhr, Markthalle
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen