Der Kanzler kriegt eine betonierte Baumhütte

■ Architekt Schultes stellt überarbeiteten Entwurf für das neue Kanzleramt vor

Ständiges Umplanen führt nicht unbedingt zu besseren Ergebnissen. Gut ein Jahr nach der Entscheidung von Helmut Kohl, das neue Kanzleramt im Spreebogen nach dem Entwurf der Berliner Architekten Axel Schultes und Charlotte Frank zu realisieren, hat sich das Bauprojekt zu einem „andalusischen Neuschwanstein“ – wie Schultes am Montag bei der Präsentation fand – gewandelt.

Der H-förmige Komplex, der gegenüber dem Reichstag entstehen soll, ist zwar in der zwölfmonatigen Überarbeitungszeit niedriger geworden. Die „Bullaugen“ im 36 Meter hohen Hauptgebäude öffnete Schultes zu weiten ovalen Glasflächen. Und selbst die beiden langen Büroriegel links und rechts des Mitteltraktes sind durch grüne Wintergärten „luftiger“ geworden.

Doch das Spiel mit baulichen Anleihen der bayerischen Kitschburg hat dem Kanzlerbau auch geschadet. Im Ehrenhof empfängt den Besucher ein Säulenwald à la Alhambra. Darüber will Schultes einen stilisierten Betonbaum als Zeichen des Lebens wachsen lassen. Ausgucke nach Süden sowie eine theatralische Treppenanlage sorgen zusätzlich für symbolische Überladungen. Von der strengen schnittigen Ursprungsidee für das Kanzleramt hat sich Schultes damit verabschiedet.

Das neue Konzept für das 390 Millionen Mark teure Kanzleramt, das ursprünglich 290 Millionen kosten sollte, hat aus dem Gebäude aber keine abgeschottete Steinburg werden lassen. Schultes umgibt die 400 Büros, den Bankettsaal und das Arbeitszimmer des Kabinettschefs mit viel Glas. Anders dagegen werden die Sicherheitsexperten mit dem Bau umgehen: Die Nordallee soll gesperrt werden, an der Südallee ist ein Zaun geplant, und den Ehrenhof riegeln ein Wassergraben und Stacheldraht ab. 1999 soll das Baumsäulenamt mit Spreeblick fertiggestellt werden. rola