■ Schöne neue Elektronik: Duschen hilft nicht
Sie kennen das Problem aus diversen Krimis: Sie haben etwas mitzuteilen, der potentielle Lauscher soll aber davon nichts mitbekommen. Sie stellen also das Radio an, Sie drehen den Wasserhahn oder die Dusche auf. Ob das funktioniert? Nein, Pech gehabt. Das Urteil kommt aus berufenem Munde: Die Elektronikspezialisten der amerikanischen Bundespolizei FBI versicherten einer Delegation der Bonner Rechts- und Innenausschüsse, daß sie in der Lage sind, die Gegenmaßnahmen von Überwachten auszuschalten. Den Geräuschpegel des laufenden Wassers können die Observanten elektronisch herausfiltern.
Technisch ist einiges zu machen, die USA und Großbritannien sind an der Spitze: Ein winziges Loch, vom Nachbarraum in die Wand gebohrt, beherbergt die Linse der Videokamera. Die Methode der Videoüberwachung ist hierzulande zwar nicht erlaubt – im Bereich der akustischen Observation dürften die deutschen Lauscher mit der Verabschiedung des Lauschangriffs aber schnell zum Weltniveau aufschließen. Das empfindliche Mikrophon, nicht größer als ein Streichholzkopf, kann demnächst im Bilderhaken Ihres Familienfotos versteckt worden sein. Langlebige elektronische Minispione werden dagegen bevorzugt in Lampen, Steckdosen oder Computern installiert, denn so läßt sich die Stromversorgung für den winzigen Sender über Jahre hinaus sicherstellen. Es gibt auch weniger aufwendige Methoden: Ihr Telefonapparat wird von außen angesteuert, nun lassen sich selbst bei aufgelegtem Hörer sämtliche Raumgeräusche zur weiteren Auswertung nach außen übertragen.
Ein andere Variante ist ein unsichtbarer Laserstrahl, der aus einiger Entfernung auf Ihr Fenster gerichtet wird. Die Schallwellen Ihrer Stimme versetzen die Glasscheibe zwar nur geringfügig in Schwingungen, doch der reflektierte Laserstrahl erlaubt, diese Schwingungen in Sprache zu übersetzen.
Sie gehen also in den Park, um Ihren Gesprächspartner ohne Überwachung zu informieren. Doch Vorsicht: Richtmikrophone könnten auf Sie gerichtet sein! Meiden Sie vor allem Parkuhren. Sie werden von den US-Behörden zur Installation der Observationselektronik herangezogen. Ihr Faxgerät und Computer sind auch nicht sicher. Die Telekopie läßt sich wie das Telefon mühelos überwachen – und was Sie auf dem Bildschirm Ihres Desktops haben, können die Lauschspezialisten über eine auf das Stromkabel gesetzte Abtasteinrichtung in beliebige Entfernungen übertragen. Eines haben die Lauscher in aller Herren Länder freilich nicht in den Griff bekommen: Sie plaudern stundenlang am Telefon, und das treibt die Spezialisten vom FBI in den Wahnsinn. Wolfgang Gast
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