Die Treue der Sponsoren

■ Zum siebten Mal möglich: Das Bremer Musikfest kündigt neue Spektakel an neuen Orten an

Musikfest-Initiator Thomas Albert redete sich förmlich in Begeisterung über die Treue der Sponsoren: „Sie ist ungaublich“, ließ er die Presse gestern bei der Vorstellung des neuen Festprogramms wissen. Wenn ab 31. August wieder Orchester und Chöre von Rang und Namen in Bremen gastieren, dann wäre das in der Tat ohne die Sponsoren nicht zu machen. 1,5 Millionen Mark tragen die Privaten diesmal zum Musikfest-Etat bei. Das Publikum selbst zahlt über das Eintrittsgeld mit 1,2 Millionen fast ein Drittel der Kosten. Schlappe 400.000 Mark gibt die Kultursenatorin dazu, ebensoviel der Wirtschaftssenator – wenn er hält, was er verspricht. Das Versprechungsgebahren der Behörde entspricht schließlich nicht immer den Zahlungspraktiken.

Das Finanzierungsmodell von Thomas Albert ist insofern stabil, als er bestimmte Konzerte bestimmten Sponsoren zuordnet. Fällt dann mal einer weg, kommen andere dazu, keinesfalls wackelt die Basis. So sieht Albert nach wie vor eine stabile Beziehung zwischen den privaten Geldgebern und dem Musikfest: „Was hier passiert, beweist eine ganz breite Trägerschaft für die Musikstadt Bremen“.

Diesmal haben 23 Sponsoren 37 Konzerte möglich gemacht. Die MusikfreundInnen werden auf ihre Kosten kommen: Das meiste ist allererste Sahne und befindet sich auf der Höhe heutigen Interpretationsniveaus. Dabei mischen sich alte Bekannte mit Debütanten, auf die man gespannt sein darf. Zu den inzwischen vertrauten Gesichtern zählt John Eliot Gardiner mit seinem Orchestre Révolutionaire et Romantique; seit 1991 ist man beim Bremer Musikfest dabei. Ebenso bekannt: Roger Norrington mit den London Classical Players, das Quatuor Mosaiques, Simon Rattle mit dem in der ganzen Welt Furore machenden City of Birmingham Symphony Orchestra oder auch das phänomenale Huelgas-Ensemble.

Zum ersten Mal in Bremen hingegen sind das Freiburger Barockorchester und das seit Jahren in New York ausverkaufte „Pomp“, das sich im Untertitel „Pop Art für die Ohren, Rhythmus für das Auge, Theater für die Füße“ nennt. Ebenfalls neu unter den Musikfest-Gästen ist das Collegium Vocale Gent, dem unter seinem Leiter Philippe Herreweghe ein geradezu legendärer Ruf vorauseilt, der sich an CD-Einspielungen nachprüfen läßt. Neu dabei auch Kurt Sanderling mit dem NDR Sinfonie Orchester Hamburg.

Fast ein Debut: Nikolaus Harnoncourt. Er war vor 25 Jahren derjenige, der – damals noch am Cello des Concentus Musicus Wien – wichtige und folgenreiche Impulse für die historische Aufführungspraxis in der Stadt gab. Thomas Albert, damals Harnoncourts Schüler, präsentiert in diesem Musikfest sein Barockorchester „Fiori Musicali“ und bringt damit eine neue Perspektive der Planung: Drei bremische Orchester sind diesmal beim Musikfest vertreten.

Mit zahlreichen Neubesetzungen und dem neuen Chefdirigenten Günter Neuhold hat sich das Philharmonische Staatsorchester so gemausert, daß es sich einem internationalen Vergleich durchaus stellen kann. Und als drittes ist die Deutsche Kammerphilharmonie mit dem frühen Opernfragment „Zaide“ von Wolfgang Amadeus Mozart vetreten.

Stein des Anstoßes waren in den vergangenen Jahren oft die Räume – Gerüche und Geräusche minderten den Musikgenuß nicht unerheblich. Doch Thomas Albert sieht das anders: „Wir haben die Chance, Bremer Wirtschaftsplätze zu zeigen, und da kommen Leute hin, die eben in eine Glocke nicht gehen“. So sind auch diesmal Konzerte in „neuen Räume“ zu erleben, zum Beispiel in der Fliegerschule der Lufthansa. Sinnigerweise wird dort Strawinskys „Feuervogel“ aufgeführt.

Neue Musik fehlt wieder weitgehend beim Musikfest, dies allerdings eher unfreiwillig: „Einige Projekte sind ganz einfach geplatzt“. Dem Publikumsgeschmack wären diese Akzente sicherlich entgegengekommen: Eine Umfrage bei der Deutschen Kammerphilharmonie hat ergeben, daß 53 Prozent der ZuhörerInnen mehr neue Musik hören wollen. Ein Ergebnis, das sich mit dem unerwartet guten Besuch der diesjährigen „Pro Musica Nova“ von Radio Bremen deckt.

Das einmal außen vor gelassen, ist das Programm des diesjährigen Musikfests sinnvoll und gut zusammengestellt – auf Reißer hat man verzichtet. Am 31. August geht's im St. Petri-Dom los: In Anwesenheit „unseres Staatsoberhauptes“ (Thomas Albert) interpretiert das Chamber Orchestra of Europe unter Nikolaus Harnoncourt Mozarts „Prager Sinfonie“ und Franz Schuberts „Neunte“.

Ute Schalz-Laurenze