■ Linsen Soufflé
: Frauen an die Front

Die deutschen Kinobetreiber haben schon verloren. Während ARD und ZDF mit dem Beginn der Fußballeuropameisterschaft plötzlich wieder Einschaltquoten- Könige wurden, machten die Kinobetreiber kaum Kasse. Der Start der EM brachte ihnen das schwächste Wochenendeinspielergebnis seit der WM 1994. Genau 477.939 Zuschauer verirrten sich am Auftaktwochenende in die Kinos. Weniger Kinobesucher wurden zuletzt Ende Juni 1994 gezählt, als die WM die Zuschauerzahlen gar unter 400.000 drückte. Dabei hatten die Filmtheater vorgesorgt: Die Aktion „Sommerhit: Kino“ wurde mit großem Werbeaufwand gestartet, und mehrere Städte zeigten ein speziell auf Frauen zugeschnittenes Programm. Clever gedacht, hat aber alles nichts gebracht. Der Gesamtbesuch sank um satte 55 Prozent. Nur mit Filmfestivals und Open- air-Veranstaltungen ist zur Zeit noch eine Mark zu machen. Die Kinobetreiber sprechen von einer „Katastrophe“. Dabei darf natürlich nicht vergessen werden, daß das, was zur Zeit über unsere Leinwände flimmert, den Fußballspielen in der Glotze, was Spannung und Dramatik angeht, nicht das Wasser reichen kann. Doch das soll anders werden. Hollywood ist dabei, den Kriegsfilm wieder zu entdecken. Und diesmal stehen Frauen im Mittelpunkt.

Die liebreizende Meg Ryan, bisher bekannt aus Kämpfen der lustigen Art im zwischenmenschlichen Bereich, darf nun schwerstes Geschütz auffahren. In dem Drama „Courage Under Fire“ spielt sie eine coole Kampfhubschrauber-Pilotin, die während des Golfkriegs hinter den feindlichen Linien abgeschossen und bei einem Feuergefecht getötet wird. Denzel Washington muß prüfen, ob ihr als erster Frau überhaupt posthum die Tapferkeitsmedaille verliehen werden darf. Zweifellos ein Film für die Bundeswehr!

Während Meg Ryan für die militärische Rolle ihr blondes Kurzhaar nur unwesentlich kappen mußte, wird sich Demi Moore in Gänze von ihrer „Striptease“- Mähne trennen, um für die Hauptrolle in dem nicht minder martialischen „GI Jane“ einen Kommißkopp zu präsentieren. Sie wird dann aussehen wie Ehemann Bruce Willis in „12 Monkeys“. Apropos Willis: Ihm wurde gerade ein Ehrendoktorhut verpaßt, obwohl er sein Studium nie abgeschlossen hat. Willis führte in seiner Dankesrede vor dem Auditorium der Montclair State University in New Jersey aus, er habe sich auf die Doktorehre seit langem durch extensive Doktorspiele mit Gattin Demi vorbereitet...

Aber zurück zum Krieg, auch Bosnien wird verwurstet. Miramax arbeitet mit Regisseur Michael Winterbottom an dem Thriller „Sarajevo“, in dem ein Kriegsreporter versucht, einen zehnjährigen Jungen aus dem Kriegsgebiet über die Grenze zu schmuggeln. Nachdem Woody Harrelson die Hauptrolle abgelehnt hat, gelten Rob Morrow und Robert Sean Leonard als Topkandidaten für den Part.

Und dann ist da noch von einer mehr als ungewöhnlichen Zusammenarbeit zu berichten: Top- und Flop-Drehbuchschreiber Joe Eszterhas („Showgirls“) und Spike Lee tun es. Paramount- Chef Sherry Lansing hat Lee persönlich ausgesucht, um Eszterhas' Buch „Reliable Source“ zu verfilmen. Es geht um einen jungen Reporter, der bei einer Geiselsituation in eine Gewissenskrise gestürzt wird. Eszterhas (er bekam für das Drehbuch 1,4 Millionen Dollar, 2 weitere werden nach Drehstart fällig) stellte dem Regisseur frei, das Skript umzuschreiben. Spike Lee will jedoch die Originalfassung drehen. Karl Wegmann