■ Daumenkino
: Mein Mann

Daß Männer immer wieder gern Filme über Prostituierte machen, ist sofort und leicht verständlich. Daß es nämlich nicht das Geld allein sein kann, was sie umtreibt, gibt Anlaß zu größten Bedenklichkeiten und – Hoffnungen! Vielleicht tun sie's ja wirklich aus Leidenschaft! Blier stellt so eine vor und zeigt, gewissermaßen als Trailer, daß es sich hier um eine Berufung handelt. Marie (Anouk Grinberg) liebt alte Männer, die kaum noch die Treppe hochkommen, sie liebt den jungen Stier, dem sie noch hinterherruft: „Ich müßte Sie eigentlich bezahlen!“ Und schließlich, am Ende eines langen Tages, findet sie vor ihrer Haustür einen Penner, einen stinkenden, aus einer Kopfwunde blutenden, riesigen Kerl – un homme. Sie nimmt ihn zu sich, kocht ihm was, gibt ihm Wein und drapiert sich für ihn im Bett. „Dreh dich um, die Hundestellung.“ Er soll ihr Pimp werden, sie badet ihn, sie gibt ihm Geld.

Morgens kommt er zu einem Barry-White-Song mit weißem Jackett und Goldkettchen auf die Straße wie ein Star, voilà, mein neuer Beruf. Das Faszinierende an diesem Film ist, wie komisch all diese Sachen sind, ohne jemals zum Nuttenwitz zu werden. Jeannot geht zur Maniküre, man sieht zunächst nur zwei prächtige, strahlende Brüste aus der Uniform prangen, bis der neue Mann einfach zur bezaubernden Valeria Bruni-Tedeschi sagen muß: „Ich liebe meine Frau, aber wenn Sie weiterhin diese großartigen Titten gegen mich blitzen lassen, dann vergesse ich mich!“ Zu diesem Zeitpunkt ist einem eh schon ganz anders vor lauter Sex und lauter Liebe, und es leuchtet sofort ein, wie Marie morgens im Bademantel zur Bäckersfrau rennt und ruft: „Schnell, ein Croissant, ich habe einen Mann im Bett“, und die Bäckersfrau ebenso blitzschnell alles einpackt: „Los, gehen Sie, gehen Sie!“

Dann herrscht eine Weile einfach endloses Glück: Valeria arbeitet aus Leidenschaft jetzt auch für ihn, er ist mit Marie in eine größere Wohnung gezogen, wo er auf dem Balkon ihre BHs näht. Und als dann auch noch Jean-Pierre Léaud auftaucht, weiß man: Hier ist ein Mann, der die Frauen liebte, und hier sind mehrere Frauen, die den Mann lieben. Da muß natürlich der Staat einschreiten und dem Paradies ein Ende machen. Aber trotzdem: Am Ende ist sogar noch Platz für Kinder, und man geht beglückt hinaus. Alle sind untergekommen, und es war gar nicht mehr so wichtig, bei wem. Hauptsache, so viel Glück, wie zu haben war. mn

„Ein Mann“. Regie: Bertrand Blier.