Jahrelang heftig umstritten

■ Der UNO-Sicherheitsrat hebt das Waffenembargo gegen die Staaten des früheren Jugoslawien auf. Die bosnische Föderation darf auf-, die Serben müssen abrüsten

Berlin/New York (taz/AFP) – Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat am Dienstag abend das Waffenembargo gegen die Länder des früheren Jugoslawien offiziell aufgehoben. Damit wird der Weg frei für die Aufrüstung der bosnischen Föderationsarmee. Aufrüstung und Ausbildung wird zu großen Teilen die USA übernehmen. Auch Bundesverteidigungsminister Volker Rühe hat eine Ausbildung bosnischer Offiziere in Deutschland angeboten.

Nach diesem Beschluß hat die Nato gestern die Operation „Sharp Guard“ in der Adria zur Überwachung des Waffenembargos ausgesetzt. Die Kontrollen von Schiffen könnten aber wieder aufgenommen werden, falls die bisher nur ausgesetzten Sanktionen gegen Restjugoslawien wieder in Kraft gesetzt würden. Die Operation von Nato und WEU hatte im Juni 1993 begonnen. Seitdem waren fast 74.000 Schiffe auf illegale Waffenladungen überprüft worden.

Das Waffenembargo, das im September 1991 in Kraft trat, war eine der umstrittendsten Entscheidungen der Westmächte im Balkan-Konflikt. Während Frankreich und Großbritannien die Sanktionen befürworteten, um eine Ausweitung des Krieges zu verhindern, plädierten in Washington und Bonn zahlreiche Politiker für eine Aufhebung des Embargos. Um die eigenen Reihen nicht zu spalten, hielten die Westmächte formell am Embargo fest, obwohl die bosnische Regierungsarmee der serbischen Militärmacht weit unterlegen war. Allerdings mußte Washington in den vergangenen Wochen einräumen, von iranischen Waffenlieferungen an Bosnien in den Jahren 1994 und 1995 gewußt und diese geduldet zu haben. Der Waffenschmuggel über Kroatien fand angeblich sogar die Zustimmung des US-Präsidenten.

Die jetzige Entscheidung des Sicherheitsrates war erwartet worden, nachdem am Freitag in Florenz der Abrüstungsvertrag für Ex-Jugoslawien mit erheblicher Verzögerung unterzeichnet worden war. Der Vertrag sieht ein militärisches Kräfteverhältnis zwischen der Bundesrepublik Jugoslawien, Kroatien und Bosnien im Verhältnis von 5:2:2 vor. Gleichzeitig legt der Vertrag Obergrenzen für schwere Waffen wie Panzer, Kampfflugzeuge und Artillerie fest. Nach den Bestimmungen des Abkommens wird die frühere jugoslawische Armee ein Viertel ihrer schweren Waffen zerstören müssen. Die bosnischen Serben werden ebenfalls einen Großteil ihrer schweren Waffen abgeben müssen, um das Limit von 500 Artilleriegeschützen und 137 Panzern nicht zu überschreiten. Die zweitstärkste militärische Kraft in der Region, die kroatische Armee, verfügt bereits über die Bewaffnung, die ihr laut Vertrag zugestanden wird. Die muslimisch-kroatische Föderation, der 1.000 schwere Artilleriegeschütze und 237 Panzer zugestanden werden, wird dagegen stark aufgerüstet werden müssen.

Ob das angestrebte militärische Gleichgewicht in der Region erreicht wird, steht dahin. Maßnahmen zur Überwachung von Auf- und Abrüstung sollen auf „gegenseitigem Vertrauen“ beruhen. Davon dürfte nach vier Kiegsjahren auf dem Balkan nicht allzuviel übriggeblieben sein. gb