Greenpeace bleibt innovativ

■ Benzinsparauto und neuer Geschäftsführer vorgestellt

Hamburg (taz/AP) – Noch in diesem Sommer will Greenpeace ein serienreifes Benzinsparauto vorstellen. „Die Spar-Prototypen der Automobilindustrie sind bislang alle in den Automuseen verschwunden“, sagte die stellvertretende Geschäftsführerin der Umweltorganisation, Birgit Radow, gestern. Greenpeace wolle beweisen, daß ein serienreifes Benzinsparauto technisch bereits heute möglich sei. Neben dem Erfolg im Konflikt um die Ölplattform Brent Spar ermutige auch ein Einnahmeplus von 2,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr, die spektakulären Aktionen fortzuführen.

Der neue Geschäftsführer von Greenpeace Deutschland, Burkhard Gnärig, sagte, mit dem Auto solle auch auf die Chancen der derzeitigen Strukturkrise in Deutschland aufmerksam gemacht und bewiesen werden, daß „die Frage der Arbeitslosigkeit und die Frage des Umweltschutzes positiv verbunden werden können“. „Ich fange zu einer Zeit an, in der die Umweltpolitik Gefahr läuft, unter die Räder zu kommen“, sagte Gnärig. Der 42jährige war bis vor fünf Tagen Geschäftsführer der entwicklungspolitischen Organisation terres des hommes. Er folgt dem zu Greenpeace International gewechselten Thilo Bode nach.

„Ich bin kein ausgewiesener Umweltpolitiker“, sagte Gnärig bei seinem ersten öffentlichen Auftritt für Greenpeace. „Wir müssen aus der Resignation heraus.“ Greenpeace werde daher künftig „eine gesellschaftliche Grundveränderung“ vorantreiben. Gnärig will Arbeitsplatz-, Entwicklungs- und Umweltpolitik stärker miteinander vernetzen.

Als völlig unwirksam und inakzeptabel kritisierte Gnärig das von Umweltministerin Angela Merkel geplante Sommersmog-Gesetz. Untersuchungen bewiesen, daß Merkels Gesetz Kinder krank mache. Unter Umweltexperten in Bonn mache sich Resignation und Stagnation breit.

Dabei sei gerade erst wieder am Dienstag ein neuer Unfall auf einer Shell-Ölplattform vor den Shettlandinseln passiert. Das Greenpeace-Schiff „Arctic Sunrise“ habe den vier Kilometer langen und 300 Meter breiten Ölfilm 120 Meilen nordöstlich der Inseln entdeckt. In der Lache schwämmen auch dicke Ölklumpen. Shell- Großbritannien habe den Vorfall mittlerweile bestätigt. Allerdings seien die ausgelaufene Menge Öl und der Ölteppich viel kleiner.

Für die nächsten Monate plant Greenpeace Aktionen gegen den Kahlschlag im finnisch-russischen Grenzgebiet. Nach dem Unfall von Schönebeck müßten auch weitere Vinylchlorid-Transporte in Deutschland verhindert werden. Als jüngsten Erfolg verbucht Greenpeace, daß die Bundesbahn seit Februar darauf verzichte, mit grundwasservergiftenden Pestiziden die Bahnstrecken zu bespritzen.

Die Finanzlage des deutschen Zweigs der Umweltorganisation bezeichnete die stellvertretende Geschäftsführerin Brigitte Radow als „stabil und solide“. Greenpeace habe sowohl bei der Zahl der Förderer als auch bei den Einnahmen aus Spenden zulegen können. Insgesamt habe sie im Jahr 1995 73 Millionen Mark eingenommen. Heike Haarhoff