Bei der Ökosteuer steckt der Teufel im Detail

■ SPD, DGB und Grüne wollen Prozeßenergie von der Ökosteuer ausnehmen

Bonn (taz) – Wenn es um das Ziel geht, die Industriegesellschaft mittels Ökologiesteuer ökologisch und sozial umzubauen, dann sind sich Gewerkschaften, SPD und Bündnisgrüne inzwischen weitgehend einig. Doch der Teufel steckt nach wie vor im Detail. Daß dabei die Fronten mitunter auch quer durch die Organisationen verlaufen, wurde gestern bei dem Forum des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zum DGB-Programmentwurf in Bonn deutlich. Dabei rankt sich der Streit vor allem um die Frage, ob die im Produktionsprozeß eingesetzte Energie, die sogenannte Prozeßenergie, von der Besteuerung ausgenommen werden soll oder nicht.

Das SPD-Präsidium hat sich inzwischen dafür entschieden, die Prozeßenergie nicht zu belasten. Während die SPD-Bundestagsabgeordnete Anke Fuchs diese Wende „für falsch“ hält, bewertet der IG-Chemie-Vorsitzende Hubertus Schmoldt sie als „sehr schön“. Mit dieser gekappten Ökosteuer, „die im wesentlichen Verbrauchssteuer sein wird“, sei er sehr „einverstanden“. Aber auch bei dieser Variante warnt der IG- Chemie-Chef vor dem nationalen Alleingang. Es dürfe in Deutschland „kein Vorpreschen“ geben, sondern der Zug müsse in möglichst allen europäischen Ländern gleichzeitig auf die Schiene gesetzt werden. Im DGB selbst sehen das viele anders. Bernd Schütt von der IG Bau widersprach heftig. Im Gegensatz zu Schmoldts Interpretation sehe der DGB-Beschluß zur Ökosteuer „keine pauschale Ausnahme der Prozeßenergie“ vor – und das sei auch richtig. Wörtlich heißt es in dem DGB-Beschluß, daß Ausnahmeregelungen für „energieabhängige und energieintensive Unternehmen (Prozeßenergie)“ gewährt werden sollen, „sofern sich für diese Unternehmen nicht zumutbare Nachteile gegenüber Wettbewerbern aus Drittländern ergeben“.

In diese Richtung marschieren nun auch die Bündnisgrünen. Der Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Joschka Fischer, kündigte gestern an, seine Fraktion werde den grünen Ökosteuergesetzentwurf nachbessern. Man wolle Raum für „branchen- und produktionsspezifische Ausnahmeregelungen“ schaffen. Ganz ausnehmen wollen die Grünen die Prozeßenergie indes nicht, denn, so Fischer, „auch die energieintensive Industrie muß den Innovationsdruck zu spüren bekommen“. Widerspruch kam von Fischer zu Schmoldts Warnung vor dem Alleingang: Es sei jetzt „ein mutiger Schritt nötig, denn wenn wir auf Europa warten, können wir lange warten“.

Während linke Gewerkschafter den neuen Programmentwurf in den letzten Wochen scharf kritisiert hatten, weil er sich der Realität nicht stelle und den Geist „der kleinmütigen Anpassung“ atme, zollte Fischer dem DGB ausdrücklich Lob: „Ich freue mich über den Programmentwurf und über das Bekenntnis zum ökologischen Umbau“. Walter Jakobs