Wie Clara die Sache sah

■ Bremer Filmproduktion über das Ehedrama Clara und Robert Schumann: War Felix Schumann das Kind von Brahms?

Als Clara Schumann 74 Jahre alt war, verbrannte sie über dreißig Jahre nach dem Tod ihres Mannes Robert dessen Fünf Romanzen für Cello und Klavier. Und nicht nur das: in der Heilanstalt in Endenich bei Bonn, in der der Komponist nach seinem Freitodversuch die letzten beiden Lebensjahre von 1854-1856 verbrachte, besuchte sie ihn kein einziges Mal. Zu seinen Lebzeiten setzte sie sich mitnichten für das Werk ihres Mannes ein, im Gegenteil: der Briefwechsel offenbart anhaltende Kontroversen über Schumanns Musik, die sie unverständlich fand. Robert hingegen warf ihr angeblich oberflächliches Virtuosentum vor.

Die populäre Meinung, Clara sei liebende Gattin eines genialen Mannes und begeisterte Mutter von sieben Kindern und außerdem noch eine der größten Pianistinnen ihrer Zeit gewesen, hat längst Risse bekommen. Buchtitel wie „Briefe einer Liebe“, „Ein großes Frauenleben“, ein Film mit dem Titel „Frühlingssinfonie“ zeigen, daß es über die schwierige Beziehung zweier hochbegabter Menschen eher nur Illusionen gibt.

Auch Schumanns Krankheit steht in neuem Licht da, schließlich ging der Komponist doch ziemlich wohlsortiert mit Notenpapier und Bleistift in die Anstalt. Was war in den letzten Jahren wirklich? Die „Rheinische Sinfonie“ von 1850: Peter Gülke sah darin „eine Insel strahlender Gesundheit“. Nun macht sich der in Schumanns Cellokonzert verliebte Cellist Steven Isserlis auf die Spurensuche. Das Ergebnis von Isserlis Ideen ergab die Filmkonzeption, die jetzt zum Teil in Bremen realisiert wird. Die Dreharbeiten zu „Robert Schumann – The Last Years“ finden unter anderem im Haus im Park statt. Der englische Regisseur Steve Ruggi erläuterte die Grundkomponenten des „Drama Documentary“ – so die Gattungsbezeichnung des Films, der die Zeitebenen miteinander vermischt.

Der rote Faden durch den Film ist Steven Isserlis Suche nach Schumann. Er führt Gespräche, sucht die alten Orte auf und horcht immer wieder der Musik nach. Großes Gewicht hat die Musik selbst: neben dem Cellokonzert geht es um das Violinkonzert – gespielt von Josua Bell – und die späte Kammermusik. Wie wird in einem Musikfilm das Problem verfilmter Musik gelöst, wenn man sich vor Augen hält, daß Musikaufnahmen im Fernsehen in der Regel die Musik eher zerstören. „Das ist uns klar, Musik wird in diesem Film auf andere Weise dargestellt. Beispielsweise hört Isserlis sie, wenn er schläft“.

Doch dafür braucht es eine Handlung mit SchauspielerInnen: da werden Robert und Clara Schumann und natürlich auch Johannes Brahms wieder lebendig. Brahms, der 1834 als zwanzigjähriger Feuerkopf nach Düsseldorf kam und Schumann zu einem begeisterten Artikel über den neuen Genius veranlaßte, war der langjährige Freund der Familie, besonders Claras. Nicht vom Tisch ist bis heute, ob der 1854 geborene Felix, Claras letztes Kind, nicht Brahms zum Vater hatte. Auf die Frage, welche These der Film in bezug auf die Rolle von Brahms vertritt, schmunzelt Ruggi: „Da lassen Sie sich mal überraschen!“

Daß Teile der Dreharbeiten an verschiedenen Orten in Bremen stattfinden und die Deutsche Kammerphilharmonie beteiligt ist, liegt an der Filmfirma: Rhombus Media Bremen GmbH ist eine Tochterfirma der kanadischen Rhombus Media Inc. Toronto, und ihr hiesiger Geschäftsführer heißt Hannes Nimpuno, noch vor einem Jahr der Manager der Deutschen Kammerphilharmonie. Rhombus Media ist auf Musikfilme spezialisiert, viele Filme sind ausgezeichnet worden. Nimpuno reizte „diese Spielwiese, Musik und Tanz ungewöhnlich umzusetzen“. So ist gerade ein Film mit den Solo-Suiten für Cello von Johann Sebastian Bach mit dem japanischen Cellisten Yo-Yo Ma fertiggestellt worden und ein weiterer mit indonesischer Gamelanmusik geplant.

Der Schumann-Film ist durch Channel 4, eine New Yorker Bertelsmanntochter, das holländische Fernsehen und den hiesigen Wirtschaftssenat mit einem Etat von 1,2 Millionen ausgestattet, „geringfügig unterfinanziert, aber das schaffen wir durch den Verkauf“ (Nimpuno). Ute Schalz-Laurenze