Der Preis der Demokratie

Nur im Krimi ist es immer ganz einfach. Da bringen verdeckte Ermittler mit Techno-Schnickschnack vom Feinsten die bösen Buben zur Strecke. Ginge es nach den Propheten des starken Staats, die stets die Machtübernahme der Mafia an die Wand malen, dann wäre auch im wirklichen Leben bei der Verbrechensbekämpfung längst das technisch Mögliche auch das juristisch Machbare.

Wenn mutmaßliche Straftäter, wie im Falle der fünf Vietnamesen, vom Haftrichter postwendend wieder freigelassen werden, dann ist die Empörung der Ermittler verständlich. Auch bei den Polizisten, die unter Lebensgefahr die bewaffneten Männer festgenommen haben, sorgt dies kaum für eine Motivationssteigerung. Schließlich ist im Fall der freigelassenen Vietnamesen wenig plausibel, daß es sich bei den Männern nur um zufällig anwesende, gänzlich harmlose Menschen handelt. Dem Richter aber bleibt nichts anderes übrig, nimmt er das Strafgesetzbuch ernst. Straftaten müssen einzelnen Tätern zuzuordnen sein; der Verdacht allein ist nicht ausreichend, so plausibel er sein mag.

Der Hinweis, Verbrecher lachten sich ins Fäustchen über diesen trottligen Rechtsstaat, während die Bedrohung für die Berliner wächst, ist so richtig wie unzutreffend. Zu den demokratischen Grundrechten nämlich gibt es keine Alternative; es sei denn, man wolle das Verbrechen mit einem Überwachungsstaat bekämpfen, bei dem jeder Bürger zur Geisel wird. Wer das nicht will, muß mit solchen richterlichen Entscheidungen leben, auch wenn die Fahnder vor Wut die Faust in der Tasche ballen möchten. Das ist der Preis der Demokratie. Gerd Nowakowski

Siehe Bericht Seite 4